Zwar gibt es eine grosse Zahl von Anbietern, die Menschen mit Einschränkungen das Arbeiten in einem geschützten Rahmen ermöglichen. Diese Betriebe, die nicht selten auf eine lange Tradition zurückblicken, sind für viele Betroffene aber nicht das richtige Umfeld. Manche Behinderte würden nämlich viel lieber «einen richtigen Job» haben und in einer Firma oder in einer Institution arbeiten, deren Belegschaft zur Hauptsache aus Nichtbehinderten besteht.
Erste Konzerne reagieren
Umso stossender ist es, wenn Personen mit Beeinträchtigungen davon berichten, wie sie bei der Arbeitssuche Absage um Absage erhalten. Dies ist in der Schweiz offenbar keine Seltenheit. Es gibt sie aber auch, Unternehmen, die Behinderten bewusst eine Chance geben. Meist sind es eher kleine, familiengeführte Betriebe, deren Patrons die Beschäftigung von Menschen mit Einschränkungen als Teil ihrer sozialen Verantwortung sehen.
Doch auch bei Grossfirmen kommt das Thema langsam an. Erfreulicherweise gibt es erste Beispiele von Konzernen, welche die Inklusion behinderter Arbeitnehmer fördern wollen. Sie haben erkannt, dass sie damit nicht nur imagemässig punkten können. Um es pathetisch zu formulieren: Wenn behinderte Kolleginnen und Kollegen stolz und freudevoll am Montagmorgen zur Arbeit erscheinen, kann das ansteckend auf die gesamte Belegschaft wirken. Kurz: Das Betriebsklima wird besser.
Freiwilligkeit anstelle von staatlichen Vorgaben
Trotzdem sollte es jedem Unternehmen unbenommen sein, ob es Behinderte einstellen will oder nicht. Freiwilligkeit ist staatlichen Vorgaben, wie sie etwa in Deutschland bestehen, vorzuziehen. Wenn eine Firma zum Schluss kommt, dass ihr zum Beispiel die Ressourcen für die Begleitung behinderter Mitarbeiter fehlen oder sie ihre Aktivitäten als zu risikoreich für Leute beispielsweise mit einer Leseschwäche einstuft, ist das zu akzeptieren.
Gleichwohl lassen sich – mit etwas Kreativität – in vielen Organisationen Tätigkeitsprofile entwickeln, die auf Personen mit eingeschränkter Leistungsfähigkeit zugeschnitten sind. Dabei kann auch die Digitalisierung wertvolle Unterstützung leisten. Das ist beispielsweise dann der Fall, wenn auf einem Bildschirm Vorgaben für Arbeiten im Bereich der Montage möglichst einfach dargestellt werden.
In einer Zeit, in der Klagen über Knappheiten am Arbeitsmarkt immer lauter werden, dürften viele Firmen ohnehin nicht mehr darum herumkommen, sich bei der Rekrutierung flexibler zu zeigen. Höchste Zeit also, das brachliegende Potenzial von Arbeitskräften mit Behinderungen stärker zu nutzen – und so auch den Staat zu entlasten.