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Produktion & Konsum: Textilien

Wir wir uns morgen besser anziehen

Die Textilproduktion steht aufgrund ihrer Arbeitsbedingungen und der hohen Schadstoffemissionen seit Jahren in der Kritik. Damit sich das ändert, müssen sich Branche und Konsum verändern.

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Textilbranche verursacht mehr CO₂-Emissionen als der Flug- und Schiffsverkehr.
  • Kritik an menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen und Löhnen unter dem Existenzminimum in Produktionsländern.
  • 96 Prozent der Umweltbelastung durch den Schweizer Bekleidungshandel fallen im Ausland an.

Rund 60 bis 75 Millionen Menschen arbeiten weltweit in der Bekleidungs- und Textilindustrie, die Mehrheit von ihnen sind Frauen. Die Textilbranche steht oft wegen schlechter Anstellungsbedingungen, Löhnen unter dem Existenzminimum oder menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen in der Kritik. Zudem sind ausbeuterische Vergütungssysteme wie etwa Bezahlung nach Stückzahl gängig.

Aber auch aus ökologischer Sicht stellt die internationale Textilbranche einen bedeutenden Faktor für die Klimaerwärmung dar: Die Industrie verursacht weltweit mehr CO₂-Emissionen als der gesamte Flug- und Schiffsverkehr.

Fakt ist: Unsere Kleidung beschleunigt den Klimawandel.

1,2 Milliarden Tonnen

CO₂-Äquivalente verursacht die Textilbranche international im Schnitt pro Jahr (2015).

Dazu kommen umfangreicher Wasserverbrauch sowie Verschmutzung durch die Produktion. Abfall ist ein weiteres Problem der Textilbranche: Jährlich fallen rund 2,1 Milliarden Tonnen an.

Quelle: WWF

Wertschöpfungskette von Textilien

Textilien durchlaufen zahlreiche Schritte, bevor sie bei uns im Kleiderschrank landen - und auf dem ganzen Weg fallen Emissionen an.

Textilproduktion mit hohem Ressourcenverschleiss

Bei jedem Prozessschritt in den sehr langen und komplexen Wertschöpfungsketten fallen unterschiedliche Arten von Emissionen an, die das Klima und die Umwelt belasten.

Produktion natürlicher Rohstoffe Der Anbau natürlicher Fasern geht mit einem sehr hohen Landverbrauch einher. Allein die Baumwollproduktion verschlingt weltweit 31 Millionen Hektar Land, das entspricht ungefähr der achtfachen Fläche der Schweiz. Auch die Haltung von Tieren für natürliche Fasern wie Wolle und Seide verbraucht viel Land.

Produktion synthetischer Materialien Die Herstellung synthetischer Textilien ist energieintensiv, zudem wird eine Vielzahl giftiger und umweltschädlicher Chemikalien eingesetzt. Polyester etwa basiert auf Erdöl, weshalb bei der Produktion eine grosse Menge CO₂ ausgestossen wird. Der weltweite Verbrauch beträgt ca. 70 Millionen Barrel Öl pro Jahr. Das entspricht etwa 6 Prozent der Menge, die die Firma Shell 2021 weltweit förderte.

Verarbeitung der Rohstoffe zu Textilien Bei diesem Produktionsschritt fallen 51 Prozent der gesamten CO₂-Emissionen an, die entlang der ganzen Wertschöpfungskette entstehen. Durch die Färbung und Veredelung von Textilien im Rahmen ihrer Herstellung werden schätzungsweise rund 20 Prozent der weltweiten Wasserverschmutzung verursacht.

Transport und Logistik Je nach Kleidungsstück können bis zu 200 verschiedene Unternehmen aus unterschiedlichen Ländern in die Produktion eines Kleidungsstücks involviert sein. Das hat zur Folge, dass auf den Transportwegen viele Treibhausgasemissionen anfallen, die Rückverfolgung der Lieferkette bis zum Rohstoff kompliziert ist und die Auswirkungen der Geschäftstätigkeit in den vor- und nachgelagerten Lieferketten nicht einfach zu identifizieren ist.

Emissionen durch Nutzung Auch beim Tragen von Kleidung und der Nutzung anderer Textilien entstehen CO₂-Emissionen, zum Beispiel durch den Energieverbrauch beim Waschen. Durch das Waschen von synthetischen Textilien gelangen jährlich schätzungsweise 0,5 Millionen Tonnen Mikrofasern in die Ozeane. Das entspricht 35 Prozent aller in die Umwelt freigesetzten primären Mikrokunststoffe. Die gravierendsten Auswirkungen auf die Umwelt hat jedoch die massenhafte Produktion schnelllebiger Mode (Fast Fashion) und die Verschwendung von Textilien generell. Allein in der Schweiz landen pro Tag ca. 100 Tonnen Textilien im Müll.

Emissionen durch Entsorgung/Abfall Auch wenn Kleider nicht im Hausmüll landen, sondern zu einer Recyclingstelle gebracht werden: Das Abfallmanagement verbraucht grosse Mengen an Energie und emitiert entsprechend viel CO₂.

Fakt ist: Unser Textilkonsum belastet die Umwelt dort, wo wir es nicht sehen.

96 %

der Gesamtumweltbelastung durch den Schweizer Bekleidungshandel fallen im Ausland an.

Aufgrund des hohen Wohlstands in der Schweiz sind wir im Konsum ganz vorne mit dabei.

Quelle: Umweltatlas Schweiz

Herausforderungen

  • Zu den heute gängigen Preisen für Mode ist eine nachhaltige Produktion nicht möglich
  • Der Konsum von Kleidung muss nachhaltiger werden
  • Gefragt sind transparente Lieferketten

Die Textil- und Modebranche stellt eine nachhaltige Entwicklung der globalen Wirtschaft in ökologischer wie sozialer Hinsicht vor immense Herausforderungen: Je mehr Kleidung produziert wird, desto grösser ist die Belastung der Umwelt – unter den gegebenen Verhältnissen, die auf stetiges Wachstum ausgerichtet sind.

Hinzu kommt: Die gesellschaftlichen Kosten, die durch negative Umweltauswirkungen der Produktion und Nutzung von Gütern entstehen, sind heute zu wenig in den Preisen berücksichtigt. Das heisst, die meisten Menschen in den konsumstarken Ländern haben keine korrekte Vorstellung mehr davon, wieviel Ressourcen für die Herstellung eines einzelnen Kleidungsstücks verbraucht werden. Tiefe und unverhältnismässige Preise animieren wiederum zu Massenkonsum und einer übermässigen Nutzung natürlicher Rohstoffe.

Fakt ist: Die Gewinne aus der Textilherstellung sind ungleich auf die verschiedenen Prozessschritte in der Wertschöpfungskette verteilt.

18 Rappen

verdient eine Näherin an einem T-Shirt, das in der Schweiz für 29 Franken verkauft wird.

Das sind nur 0,6 Prozent des Gesamtpreises.

Quelle: Public Eye

Potenziale

  • Weniger, recycelte und nachhaltige Kleidung kaufen
  • Engagement von Unternehmen für nachhaltigere und transparente Lieferketten
  • Kreislaufwirtschaft birgt noch ungenutzte Potenziale

Die globalen Lieferketten der Textilindustrie sind lang und komplex. Das macht die gängigen Massnahmen für mehr Nahhaltigkeit besonders schwierieg: Transparenz schaffen, Standards von Handelspartner*innen einfordern und sie schliesslich verschärfen. Die langen Wege schmälern die Macht und entsprechend den Druck, den Abnehmerfirmen oder Auftraggeber ausüben können.

Das Ausmass der negativen Wirkungen der Textilindustrie ist so gross, dass der Wechsel hin zu einer nachhaltigeren Produktion alleine nicht ausreicht. Die Menge an aktuell nachgefragten Textilien ist gar nicht nachhaltig produzierbar. Das Stichwort lautet also: Reduktion.

In den vergangenen Jahren haben sich Labels und Standards für nachhaltige Mode etabliert. Der Umwelt-Atlas des Bundesamts für Umwelt (BAFU) bietet dazu eine gute Übersicht. Zudem helfen diverse Apps dabei sich über nachhaltige Produkte zu informieren. Sie regen auch dazu an, beim Kleidungskauf Produkte aus natürlichen statt aus synthetischen Materialien zu wählen.

Fakt ist: PET-Flaschen sind eine umweltschonendere Alternative.

40 %

der CO2-Emissionen von Polyester liessen sich vermeiden, wenn konsequent die rezyklierbare Alternative rPET eingesetzt würde.

Quelle: Eionet Report

Die Textilindustrie ist gefordert, transparente und nachhaltige Lieferketten zu schaffen. Weil immer mehr Konsumentinnen und Konsumenten Wert auf Nachhaltigkeit legen, ändert sich die Nachfrage. Aber auch politische Massnahmen, wie sie etwa im Gegenvorschlag zur Konzernverantwortungsinitiative zu finden sind, zielen darauf ab, dass Unternehmen ihre Lieferketten überprüfen und versuchen, sie nachhaltiger zu gestalten.

Als Finanzplatz und Sitz internationaler Konzerne verfügt die Schweiz über eine beträchtliche Hebelwirkung. Entsprechend gross das Potenzial, Veränderungen zu mehr Nachhaltigkeit auf allen Ebenen anzustossen.

Dem Umwelt-Atlas des BAFU zufolge sind für die meisten Branchen die Umweltbelastungen in den Lieferketten deutlich grösser als die Belastungen am Standort selbst. Um die planetaren Belastbarkeitsgrenzen einzuhalten, bestehe der grösste Reduktionsbedarf beim Treibhausgas- und beim Biodiversitäts-Fussabdruck), heisst es.

So gelingt eine umweltfreundliche Textilien-Produktion

  1. Rohstoffe ressourcenschonend anbauen/produzieren (zum Beispiel Umstieg auf Bio-Baumwolle)
  2. Kritische Rohstoffe wie etwa synthetische Textilien ersetzen
  3. Energieeffizienz im Produktionsprozess erhöhen
  4. Erneuerbare Energien verwenden
  5. Umwelt- und klimafreundliche Transportmethoden wählen
  6. Erhöhung der Nutzungsdauer durch hohe Qualität und eine Sensibilisierung der Kundschaft

Mehr zum Thema

Eionet Report 2019: Textilien und die Umwelt in einer Kreislaufwirtschaft

EU Parlament: Umweltauswirkungen von Textilproduktion und Abfällen

Bundesamt für Umwelt: Umweltatlas

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