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Gesellschaft: Gesundheit

Lange leben auf hohem Niveau

Das Schweizer Gesundheitssystem ist gut, aber teuer. Und die Kosten steigen. Zu kurz kommt die Prävention von Krankheiten. Investitionen in diesen Bereich würden sich auch für die Wirtschaft lohnen.

Das Wichtigste in Kürze

  • Gesundheitsstandards und Versorgungsqualität in der Schweiz sind hoch.
  • Das Schweizer Gesundheitssystem ist teuer: Pro Person kostet es 800 Franken monatlich.
  • Rund 30 Prozent der erwerbstätigen Bevölkerung hat einen zu hohen Job-Stress-Index.
  • Mehr als 40 Prozent der Schweizer Bevölkerung ist laut WHO-Standards übergewichtig.

Das Schweizer Gesundheitssystem gilt aufgrund seiner hohen Standards, der gesetzlich verankerten Krankenversicherung und der umfassenden Versorgung der Bevölkerung als eines der besten aller OECD-Staaten.

Aber: Das Gesundheitssystem der Schweiz ist auch teuer – und die Kosten steigen seit langem kontinuierlich an (siehe Grafik). Inzwischen liegen sie bei rund 83 Milliarden Franken jährlich – oder 800 Franken pro Person im Monat.

Das hat Folgen für die finanziell Schwächsten: Drei Prozent der Haushalte in der Schweiz verzichten aus Kostengründen auf Behandlungen, die sie eigentlich benötigten.

Gesundheitsausgaben in OECD-Ländern

Gesundheitsausgaben in OECD-Ländern

Die hohe Gesundheit lässt sich die Schweiz etwas kosten. Knapp 12 Prozent unseres Bruttoinlndsprodukts (BIP) fliessen in die Gesundheitsausgaben, das ist mehr als in Österreich, Schweden oder Norwegen, aber weniger als in Frankreich oder Deutschland.

Bundesamt für Statistik

Die Lebenserwartung in der Schweiz lag 2023 für Männer bei knapp 82 Jahren, von Frauen bei über 85 Jahren. Es gibt dabei eine Korrelation zwischen Bildungsstand und durchschnittlicher Lebenserwartung: Menschen mit Hochschulabschluss leben im Schnitt 4 Jahre (Männer) bzw. 1,3 Jahre (Frauen) länger als Personen mit ordentlichem Schulabschluss. Die häufigsten Todesursachen in der Schweiz sind Krebs- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Die steigende Lebenserwartung wird oft als Grund für die steigenden Gesundheitskosten aufgeführt. Doch das Altern alleine kann die Kostensteigerung nicht erklären.

Wir werden zwar älter, aber bleiben auch länger gesund – was die Kosten wiederum verringert. Was hingegen steigt, ist der Personalstand der Spitäler: Zwischen 2015 und 2021 wuchs dieser um 12,8 Prozent. Die Bereitschaft, mehr Geld für die Gesundheit auszugeben, ist in der Schweiz vergleichsweise hoch, es liegt aber auch auf der Hand, dass das Spitalpersonal dringend entlastet werden muss. Laut dem Verband Schweizerischer Assistenz- und Oberärztinnen und -ärzte (VSAO) arbeiten Spitalärzt*innen noch immer 56 Stunden pro Woche.

In der Schweiz gilt Stress als sogenannte Volkskrankheit. Der Job-Stress-Index liegt bei fast 3 von 10 Erwerbstätigen (28,2 Prozent) im kritischen Bereich. Auch die emotionale Erschöpfung steigt an, sie lag 2022 erstmals höher als 30 Prozent. Arbeitsbezogener Stress kostet die Wirtschaft rund 6,5 Milliarden Franken jährlich – weil Leute am Arbeitsplatz ausfallen. Das entspricht 1270 Franken pro Arbeitnehmerin und Arbeitnehmer.

Zwei von fünf Menschen in der Schweiz sind psychisch stark belastet, jede 10. Person empfindet eine sehr hohe psychische Belastung.

Fakt ist: Rauchen bleibt ein Risikofaktor

1 von 5

Personen ab 15 Jahren in der Schweiz raucht täglich.

Das entspricht rund 1'387'000 Personen. Die Anzahl gerauchter Zigaretten pro Tag nimmt aber ab.

Quelle: suchtschweiz.ch / BAG

Neben Rauchen und Alkoholkonsum gehören Übergewicht sowie Adipositas (Fettleibigkeit) zu den wichtigsten Risikofaktoren für diverse Krankheiten wie Diabetes oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Rund 42 Prozent der erwachsenen Bevölkerung sind übergewichtig, davon sind rund 11 Prozent adipös.

Herausforderungen

  • Steigende Gesundheitskosten werden zum Problem
  • Stress schadet den Mitarbeitenden – aber auch der Wirtschaft
  • Gesundheitsförderung nicht im Fokus

Die steigenden Gesundheitskosten machen einen immer grösseren Teil des Haushaltsbudgets aus. Für Familien wird dies zunehmend zum Problem. Die OECD hat deshalb die Schweiz dazu aufgerufen, Massnahmen zu ergreifen, um den Trend zu immer höheren Ausgaben zu brechen.

Unternehmen tun gut daran, Massnahmen zur Verbesserung der psychischen und physischen Gesundheit ihrer Mitarbeitenden zu ergreifen.

Die Stressstudie des Staatssekretariates für Wirtschaft (SECO) zeigte schon 2010, dass gestresste Mitarbeitende häufiger die Arbeitsstelle wechseln möchten. Der Job-Stress-Index stieg lange an, seit 2018 ist er auf hohem Niveau stabil.

Das Stressempfinden hängt ausserdem mit dem Phänomen des Präsentismus zusammen: Wer gestresst ist, glaubt, nicht ausfallen zu dürfen, und kommt auch krank zur Arbeit.

Langfristig schadet dies der Gesundheit der Beschäftigten, es drohen längerfristige Ausfälle – oder die kranken Personen stecken andere am Arbeitsplatz an, was zum gleichzeitigen Ausfall von mehreren Mitarbeitenden führt.

Fakt ist: Unter Druck ist schnell etwas passiert.

17 %

der Arbeitsunfälle hängen mit Stress zusammen.

Im Zusammenhang mit Unfällen spielen insbesondere folgende Faktoren mit: Hohes Arbeitstempo, lange Arbeitstage von über 10 Stunden, Termindruck, plötzliche Arbeitsunterbrechungen, Freizeitarbeit sowie kurze aber sich wiederholende Tätigkeiten.

Quelle: Suva

Bei aller Wertschätzung für das Schweizer Gesundheitswesen: Bei der Prävention hat unser System noch Nachholbedarf. Nur 2,1 Prozent der Gesundheitskosten fliessen in die Krankheitsvorsorge. Zum Vergleich: Der OECD-Mittelwert liegt hier bei 2,7 Prozent, die Niederlande investiert sogar 5,5 Prozent des Gesamtaufwands in die Prävention.

Dabei wären die Aufklärung und gezielte Programme zur Förderung einer körperlich aktiveren Gesellschaft erfolgreiche Mittel, um nicht-übertragbare Krankheiten wie Diabetes oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu verhindern.

Fakt ist: Arbeiten mit Fieber kostet nur.

5 Milliarden Franken

beträgt der Produktivitätsverlust, der Schweizer Arbeitgebern durch sogenannten Präsentismus entsteht: das Erscheinen am Arbeitsplatz trotz Krankheit.

Quelle: Schweizer Gesundheitsobservatorium

Internationale Lebenserwartung im Vergleich

Quelle: OECD (Stand 2020)

Die Schweiz gehört laut OECD zu den Ländern mit der höchsten Lebenserwartung – was auf eine hohe Qualität der Gesundheitsversorgung hindeutet. Wer 2020 geboren wurde, wies eine durchschnittliche Lebenserwartung von 83,1 Jahren auf.

Zum Vergleich: Eine ähnlich hohe Lebenerwartung hat man in Australien (83 Jahre) oder Irland (82,6 Jahre). Nur in Japan leben die Menschen mit durchschnittlich 84,7 Jahren länger als in der Schweiz.

Potenziale

  • In die Gesundheitsprävention investieren
  • Unternehmen: Anti-Stress-Massnahmen sind Win-Win-Situation
  • Ein gesunder Lebensstil schützt gegen nicht-übertragbare Krankheiten

Ein gesunder Lebensstil und umfassende Vorsorge lohnen sich nicht nur für die Betroffenen. Auch volkswirtschaftlich können durch eine effiziente Krankheitsprävention hohe Kosten gespart werden.

Wer auf Unternehmensebene wirksame Massnahmen gegen Stress umsetzt, stärkt nicht nur die Gesundheit der Mitarbeitenden – was auch zu weniger Ausfällen führt –, sondern erhöht auch deren Zufriedenheit.

Immer mehr Unternehmen verringern zudem die Arbeitszeit pro Vollzeitstelle, ermöglichen Homeoffice sowie flexible Arbeitszeiten. Das kann Stress reduzieren, etwa bei Eltern, die so die Kinderbetreuung besser organisieren können. Wichtig ist aber, dass dadurch nicht die Erwartung ständiger Erreichbarkeit entsteht.

Auch sollten Arbeitgeber vorbeugende Massnahmen gegen körperliche Beschwerden wie falsche Haltungen am Büroplatz oder zu schwere körperlicher Arbeit im Bau- oder Logistikbereich treffen. Damit verbessert sich die Gesundheit der Mitarbeitenden und führt zu weniger Ausfällen.

Auf politischer Ebene sind Lösungen gefragt, um die steigenden Gesundheitskosten in der Schweiz in den Griff zu bekommen. Der finanzielle Druck auf finanzschwächere Haushalte und Familien nimmt zu.

Für einen gesunden Lebensstil sind wir alle verantwortlich: genügend Bewegung, gesundes Essen, nur massvoller Alkoholgenuss, Verzicht auf Tabak und Drogen. Durch Informationskampagnen kann die Bevölkerung noch stärker für gesundheitliche Fragen sensibilisiert werden.

Weitere Informationen

Schweizerisches Gesundheitsobservatorium: Unabhängige Analysen des Schweizer Gesundheitswesens

Bundesamt für Statistik: Zahlen und Fakten zur sozialen Situation und Gesundheit in der Schweiz

OECD-Studie: Zahlen zu Gesundheitswesen in allen OECD-Staaten

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