Die Nachhaltigkeitsberichterstattung von kotierten Unternehmen nimmt an deren Medien- und Analystenkonferenzen einen immer grösseren Stellenwert ein. Dabei wird oft auch von Sustainability-Linked Bonds und Loans (SLB/SLL) gesprochen. Doch was macht diese Finanzierunginstrumente erwähnenswert?
SLBs und SLLs sind streng genommen keine Finanzierungsinstrumente, sondern eine spezifische Ausgestaltungsform von Anleihen und Krediten. Sie sind während der letzten zehn Jahre im Kontext der laufenden Nachhaltigkeitstransition entstanden. Ihr Kernelement: Sie sollen durch den Einbau von konkreten Nachhaltigkeitszielen in die Finanzierung die ökologisch und sozial nachhaltige Wirtschaftstätigkeit des Kapitalnehmers unterstützen beziehungsweise ein entsprechendes Wachstum oder eine Transformation des Kapitalnehmers erleichtern.
Nachhaltigkeit messbar machen
Bei SLBs und SLLs werden zu Beginn der Laufzeit nachhaltigkeitsbezogene Leistungskennzahlen (KPIs) definiert, die für das Unternehmen wesentlich sein müssen. Ferner werden für diese KPIs ambitionierte Nachhaltigkeitsziele (Sustainability Performance Targets, SPTs) festgelegt. Diese müssen überprüfbar und realistisch, aber gleichzeitig ehrgeizig sein.
Für seine als SLB und SLL ausgestalteten Finanzierungen wählte Holcim beispielsweise den CO₂-Ausstoss pro Tonne produzierter Zement als KPI. Für einen Zementhersteller ist diese Kennzahl von sehr grosser Bedeutung, sie betrifft direkt das Kerngeschäft. Das SPT orientiert sich am für diesen KPI von Holcim definierten Absenkpfad, welcher in diesem Fall durch die Science Based Targets initiative (SBTi) validiert wird. Konkret soll der CO₂-Ausstoss pro Tonne Zement von netto 636 Kilogramm im Jahr 2018 (Basisjahr) auf netto 436 Kilogramm im Jahr 2030 gesenkt werden.
Gewinn für beide Seiten?
Bei Krediten wird während der Laufzeit regelmässig überprüft, ob das Unternehmen die für die KPIs definierten SPTs erreicht. Bei Obligationen kann die Prüfung auch nur einmalig erfolgen. Liegt die Kennzahl unter dem vorgegebenen Zielwert, profitiert der Kapitalnehmer durch einen reduzierten Zinssatz. Bei Nichterreichen steigt der Zinssatz, so wie beim italienischen Energiekonzern Enel im letzten Jahr. Mit diesem finanziellen Hebel soll dem Unternehmen ein Anreiz gesetzt werden, seine eigene Nachhaltigkeit während der Kredit- beziehungsweise Obligationslaufzeit zu verbessern.
Kritische Stimmen könnten argumentieren, dass Finanzinvestoren von verfehlten Nachhaltigkeitszielen der Realwirtschaft profitieren. Schlussendlich steigt dadurch der Zinssatz und damit die finanzielle Rendite.
Doch diese Sichtweise greift zu kurz. Der Kreditzins beinhaltet mit der Zinsmarge eine Risikoentschädigung für das gewährte Kreditengagement. Je höher das Risiko, desto höher fällt diese Zinsmarge aus und umgekehrt.
Zahlreiche empirische Untersuchungen legen einen positiven Zusammenhang zwischen der Nachhaltigkeitsperformance eines Unternehmens und seinem finanziellen Risiko nahe. Unternehmen mit gutem Nachhaltigkeitsrating sind seltener von Kreditausfällen betroffen und zeichnen sich normalerweise durch weniger volatile Cash-Flows aus. Eine Reduktion der Zinsmarge bei einer sich verbessernden Nachhaltigkeitsleistung scheint deshalb gerechtfertigt, da mit dem Erreichen der Nachhaltigkeitsziele das Risiko für den Kapitalgeber sinken dürfte.
Grössere Transparenz
Das für Sustainability-Linked-Instrumente empfohlene öffentliche Reporting stellt einen weiteren Mehrwert dar. Es führt zu mehr Transparenz hinsichtlich der Transformationsbestrebungen grosser Unternehmen.
Holcim weist im Nachhaltigkeitsteil des Geschäftsberichts die aktuellen Werte für die KPIs aus: Für das Jahr 2024 betragen die Scope-1- und Scope-2-Emissionen der Zementproduktion 570 Kilogramm. Der Zielwert von 436 Kilogramm per Ende 2030 wird bestätigt.
Eine Sustainability-Linked-Komponente einer Finanzierung ist somit ein glaubhaftes Signal einer Nachhaltigkeitstransformation mit finanziellem Vorteil beim Erreichen beziehungsweise einem Reputationsschaden beim Nicht-Erreichen der kommunizierten Ziele.