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Ein Mädchen in Indien sammelt Kohle am Rande eines Kohletagebaus zum Verkauf auf dem Markt.

Ein Mädchen in Indien sammelt Kohle am Rande eines Kohletagebaus zum Verkauf auf dem Markt. Bild: Imago

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Warum Unternehmen Kinderrechte nicht ignorieren können

Sandra Groth und Deborah Schmidiger arbeiten bei Save the Children Schweiz als Expertinnen für Kinderrechte in der Wirtschaft. Im Interview erklären sie, wie Unternehmen Kinder wirksam schützen können.

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Warum Unternehmen Kinderrechte nicht ignorieren können

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  • Kinderarbeit ist oft unsichtbar, da sie in tieferen Lieferkettenstufen stattfindet und von üblichen Audits nicht erfasst wird, was zu einer falschen Wahrnehmung von «sauberen» Lieferketten führt.
  • Soziale Aspekte wie Kinderrechte werden in Nachhaltigkeitsstrategien häufig vernachlässigt, da sie schwerer messbar sind und Wissen sowie klare Umsetzungsstrategien fehlen.
  • Save the Children unterstützt Unternehmen mit Schulungen, Risikoanalysen und konkreten Programmen vor Ort, um Kinderschutzstrukturen zu stärken und Kinderrechte langfristig zu verankern.

Wo liegen aus Ihrer Sicht die grössten Herausforderungen für Unternehmen, wenn es um Kinderrechte in der Lieferkette geht?

Sandra Groth: Kinderarbeit passiert oft im Verborgenen – und gängige Audit-Ansätze führen leider häufig dazu, dass sie nur noch weiter in tiefere Stufen der Lieferkette verdrängt wird. Viele Unternehmen glauben, ihre Lieferkette sei «sauber», weil sie nichts sehen. Aber genau das ist das Problem.

Deborah Schmidiger: Dazu kommt, dass Unternehmen eine breite Palette von Nachhaltigkeits­herausforderungen erfüllen müssen. Soziale Kriterien werden dabei oft weniger priorisiert als ökologische. Sie sind schwieriger greifbar und messbar und es fehlt oft an Kenntnissen und Umsetzungsstrategien zu diesem Thema.

Sandra Groth (r.) und Deborah Schmidiger (2.v.l.), Expertinnen für Kinderrechte in der Wirtschaft bei Save the Children, während des Interviews. Bild: zvg

Welche Risiken werden häufig übersehen?

Groth: Solange die Ursachen für Kinderrechtsverletzungen nicht angegangen werden – Armut, fehlende Bildungsmöglichkeiten, unzureichender Kinderschutz – bleiben Massnahmen an der Oberfläche und ohne nachhaltige Wirkung.

Schmidiger: Besonders kritisch sind die tiefsten Stufen der Lieferkette – Kinder, die auf Feldern oder in Minen arbeiten, fernab von Kontroll- und Schutzmechanismen. Besonders gefährdet sind Kinder in Krisengebieten sowie Waisen- und Migrantenkinder.

Gibt es Branchen, in denen das Risiko besonders hoch ist?

Groth: Statistisch gesehen ist die Landwirtschaft am stärksten betroffen. Das liegt daran, dass viele Rohstoffe – etwa Kakao oder Kaffee – in Ländern des Globalen Südens von Kleinbauern und ihren Familien produziert werden. Aber auch in der Textilindustrie oder im Bergbau ist das Risiko sehr hoch – überall dort, wo es viele Arbeiterinnen und Arbeiter braucht und nur wenige Regulierungen gibt.

Wie unterstützt Save the Children Unternehmen dabei, Kinderrechte in ihre Lieferketten zu integrieren?

Groth: Unsere Angebote richten sich sowohl an Unternehmen selbst als auch an deren Partner – also Lieferanten, Bauern oder ganze Gemeinden. Wir begleiten beim Aufbau von Managementsystemen, führen Risikoanalysen durch, bieten Schulungen an, erstellen Leitfäden. Und wir setzen Programme vor Ort um – zum Beispiel, um den Zugang zu Bildung zu verbessern oder Kinderschutzstrukturen in Gemeinden zu stärken.

Können Sie ein konkretes Beispiel aus der Praxis nennen?

Schmidiger: Ein konkretes Beispiel ist die Zusammenarbeit mit einem Schweizer Kakaohändler in der Elfenbeinküste, wo wir in den Gemeinden Präventionsmassnahmen fördern und von Kinderarbeit betroffene Kinder unterstützen. Die Projekte kombinieren Massnahmen zum Schutz von Kindern, Bildung und die Stärkung der Existenzgrundlage sowie Aktivitäten zur Verhaltensänderung in den Gemeinden, um einen nachhaltigen Wandel zu fördern.

Was unterscheidet Save the Children von anderen Akteuren?

Groth: Ich denke, es ist die einzigartige Kombination aus unserer lokalen Präsenz in über 100 Ländern weltweit und der unternehmensspezifischen Expertise, die unter anderem durch unsere Schwesterorganisation The Centre for Child Rights and Business abgedeckt wird.

Schmidiger: Aus meiner Sicht ist es die Kombination aus direkter Unterstützung von Kindern, Familien und Gemeinden – und dem Einfliessen dieser Erfahrung in die Kooperation mit Regierungen, zum Beispiel zur Stärkung von nationalen Strukturen oder der Verabschiedung von Richtlinien im Bereich Bildung und Kinderschutz.

Was muss sich in den kommenden zehn Jahren in der Wirtschaft verändern, damit Kinderrechte gestärkt werden?

Groth: Ich wünsche mir einen echten Bewusstseinswandel. Weg von reinem «Compliance-Denken», hin zu einer aktiven Förderung von Kinderrechten – nicht nur entlang der Lieferkette, sondern als Teil der Unternehmensverantwortung.

Schmidiger: Unternehmen müssten ihre Lieferkette so gestalten, dass alle Akteure – auch Bäuerinnen, Bauern und Minenarbeitende – ein existenzsicherndes Einkommen erzielen können. Dann wären wir einen grossen Schritt weiter.

Und was ist der erste Schritt für Unternehmen, die jetzt starten wollen?

Beide (lachend): Sich bei uns melden.

Sandra Groth hat rund 20 Jahre Erfahrung im Bereich «Corporate Responsibility» mit Schwerpunkt Sicherstellung von Umwelt- und Sozialstandards in globalen Lieferketten. Seit 2022 ist sie bei Save the Children Schweiz für das Thema «Kinderrechte & Wirtschaft» verantwortlich und Ansprechpartnerin für Unternehmen, die gesetzeskonform agieren und ihren Einfluss auf Kinder und ihre Rechte positiv gestalten wollen.

Deborah Schmidiger ist seit rund 20 Jahren im Bereich soziale Nachhaltigkeit und Arbeitsrechte in Lieferketten tätig. Seit 2023 ist sie bei Save the Children Schweiz als Expertin für Kinderrechte und Kinderarbeit zuständig für den Aufbau von ganzheitlichen und langfristigen Partnerschaften mit multinationalen Unternehmen, die das Ziel haben, die Ursachen von Kinderarbeit zu bekämpfen.

Deklaration: Dieser Inhalt wurde von Save the Children im Rahmen der Partnerschaft mit Sustainable Switzerland selbst erstellt.

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