Wie wirkungsvoll die Lebenszyklusanalyse von Fahrzeugen für die Reduktion von CO₂-Emissionen und den Klimaschutz sind, weiss Roberto Rossetti, Entwicklung Gesamtfahrzeug-Lebenszyklus bei der BMW Group. Er hat den gesamten CO₂-Ausstoss der BMW Group im Blick.
Im folgenden Interview erklärt Roberto Rosetti, wie bereits kleinste Massnahmen und Ideen grosse Wirkung entfalten können, welche Rolle Wertstoffe und Materialien in der CO₂-Bilanz spielen und was er auch privat für mehr Nachhaltigkeit tut.
Roberto Rossetti, die Entwicklung Gesamtfahrzeug ist ein grosses Feld. Worauf konzentrieren Sie sich aktuell?
Roberto Rossetti: Mein Augenmerk liegt derzeit vor allem auf der Lebenszyklusanalyse der CO₂-Emissionen für die gesamte BMW Group – von den Gebäuden über die Produktion bis hin zu jedem einzelnen Fahrzeug, jeder Komponente und der Werkstoffentwicklung. Die Lebenszyklusanalyse ist besonders wirkungsvoll für den Klimaschutz und die Reduktion von CO₂. Damit schaffen wir Transparenz. Denn jedes Fahrzeug, jeder Prozess, jedes Gebäude verursacht über den Lebenszyklus hinweg CO₂. Je genauer wir die Stellen kennen, an denen Emissionen anfallen, desto besser können wir Einsparungen planen. In einem Unternehmen gehören sehr viele Elemente dazu. Wir messen nicht jeden Wert selbst, wir führen aber alles zusammen. Ähnlich wirkungsvoll sind die richtigen Werkstoffe. Rezyklate haben einen viel geringeren CO₂-Ausstoss in ihrer Produktion, das senkt den CO₂-Fussabdruck. Ausserdem belasten wir die Umwelt weniger, wenn wir weniger Primärrohstoffe verwenden. Unser Ziel ist es, alle Produkte am Ende komplett recyceln zu können. Rezyklate können wir erneut nutzen, genau wie industrielle Reststoffe, zum Beispiel Metallverschnitte. Dazu kommen nachwachsende Rohstoffe, die wir aus Pflanzen oder Biomasse gewinnen. Naturfasern aus Flachs sind ein Stichwort. Oder pflanzliche Lederalternativen aus Kork, Kaktus oder Pilzen. Auch Kunststoffe, die aktuell noch aus Erdöl hergestellt werden, können wir zum Teil ersetzen, zum Beispiel durch Kunststoffe aus Holzabfällen, die eine genial geringe CO₂-Bilanz haben.
Nun hat die Lebenszyklusanalyse viele Facetten, Werkstoffe bieten scheinbar unendliche Optionen. Was ist Ihr konkretes Ziel – was möchten Sie erreichen?
Rossetti: Mein Ziel ist es, die Transparenz über alle CO₂-Emissionen der BMW Group zu schaffen. Wenn wir wissen, wo wieviel CO₂ entsteht, wissen wir, an welchen Stellen wir sinnvoll reduzieren können. Und wenn jeder Einzelne sich in seiner Funktion damit auseinandersetzt, kann auch jeder eigene Ideen entwickeln, um CO₂ zu sparen. Mit Blick auf die Werkstoffe geht es mir um zukunftsfähige Materialien. Wir forschen in unseren eigenen Laboren, arbeiten mit Start-Ups zusammen und sprechen mit Vertretern der Verwerter-Industrie. Aber unsere Materialien müssen immer unseren Qualitätsansprüchen entsprechen. Übergeordnet gesehen können wir die Zukunft nur gestalten, indem wir nachhaltig handeln. Denn die Ressourcen auf unserem Planeten sind begrenzt, irgendwann gehen sie aus. Wenn wir also die Wirtschaft als solche in Gang halten wollen, müssen wir auf Dauer zu einer Kreislaufwirtschaft kommen, die auf Basis bereits vorhandener Materialien funktioniert.