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Elektroauto-Batterien sind ein Musterbeispiel für Kreislaufwirtschaft

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Klima & Energie

Elektroauto-Batterien sind ein Musterbeispiel für Kreislaufwirtschaft

Antriebsbatterien von Elektroautos haben mehr als ein Leben. Die Deponie ist nicht einmal mehr Ultima Ratio. Erkenntnisse aus einer Studie der Unternehmensberatung Boston Consulting Group (BCG).

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Batterien enthalten giftige Chemikalien, hergestellt aus raren Rohstoffen, und sind nicht rezyklierbar – so das Vorurteil. Doch sieht die Realität ganz anders aus. Wie eine Studie der Unternehmensberatung Boston Consulting Group (BCG) vom September 2020 zeigt, eignen sich insbesondere Antriebsbatterien als Paradebeispiel der Circular Economy (Kreislaufwirtschaft).

Ausgehend von der Prognose, dass in rund zehn Jahren etwa 300 Millionen batterieelektrische Personenwagen weltweit in Verkehr gesetzt sind, steht es ausser Frage, dass die Antriebsbatterien am Ende ihrer Lebenszeit im Fahrzeug rezykliert oder wiederverwendet werden müssen. Daraus könnte gemäss BCG eine Kreislaufwirtschaft entstehen, die geschätzte zehn Milliarden Umsatz generieren könnte.

Attraktives Recycling

Dabei steht die Wiederverwendung der Akkus als «Second Life»-Speicher, etwa als Haushaltsbatterie zur Zwischenspeicherung von Solarenergie, im Hintergrund. Wie BCG herausgefunden hat, ist vor allem die Verwertung der Batterien aufgrund ihrer verwendeten Rohstoffe – beispielsweise wertvolle Stoffe wie Kobalt oder Lithium – lukrativ.

Es sei nun an den Autoherstellern, Zulieferern und Verwertern wie auch den Anbietern von Second-Life-Lösungen, sorgfältig zu prüfen, welche Variante von Fall zu Fall zur Anwendung kommen soll, um den maximalen Ertrag zu erzielen.

Zur Wahl stehen genauer betrachtet drei Möglichkeiten: Rezyklieren, Weiterverwenden und Entsorgen. Beim Recycling werden den Batteriezellen Kobalt, Mangan, Nickel und Lithium entnommen, damit sie in neuen Batterien erneut verwendet werden können.

Die Weiterverwendung als Second-Life-Batterie erfolgt, ohne die Zellen zu verändern. Stattdessen werden sie mit neuer Steuerungselektronik und Gehäusen versehen. Solche Akkus werden normalerweise stationär verwendet, nicht aber mobil.

Bei der Entsorgung bleiben die Batteriezellen ebenfalls unverändert und landen in der Deponie. Diese wenig elegante Variante erscheint mit der Einführung immer stringenterer Umweltnormen immer weniger möglich und sozial inakzeptabel.

Somit sind Recycling und Weiterverwendung im Zweitleben die von der Autoindustrie am häufigsten angewendeten Methoden, um ausgediente Batterien einer neuen Bestimmung zuzuführen. Dies im Unterschied zur Unterhaltungselektronik, wo kleine Lithium-Ionen-Akkus deutlich häufiger entsorgt und Deponien zugeführt werden.

Ganz anders sieht es bei Blei-Säure-Batterien aus, die in konventionellen Fahrzeugen als 12-Volt-Starterbatterien fungieren. Der Rezyklier-Prozess ist einfach und günstig, die gesamten Aufwände in diesem Zusammenhang sind optimiert – die Verwerter erwirtschaften satte Erträge, die sie reinvestieren können. Zudem unterscheidet sich wiederverwendetes nicht von neuem Blei. Lithium-Ionen-Batterien sind deutlich komplexer, weshalb die Verwertung noch weiter optimiert werden muss, um eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft in Gang bringen zu können.

Interessante stationäre Speicher

Die Weiterverwendung von Antriebsbatterien, deren Kapazität für Elektroautos nicht mehr ausreicht, ergibt ein anderes Bild. Eine Second-Life-Batterie verfügt über maximal 80 Prozent ihrer ursprünglichen Kapazität. Wie BCG vorrechnet, wäre etwa eine Antriebsbatterie mit 60 kWh Kapazität, ausgelegt auf 1500 Entladungen, am Ende ihres Lebens noch immer in der Lage, rund 18 Megawattstunden elektrische Ladung zu liefern. Dies würde ausreichen, einem Eigenheim für 15 Jahre als Zwischenspeicher zu dienen. BCG rechnet für 2030 mit einer jährlichen Nachfrage nach stationärer Speicherenergie von 120 Gigawattstunden. Erste Hausspeicher gibt es in Europa bereits zu kaufen, darunter auch die Tesla Powerwall. Was stationäre Akkus besonders attraktiv macht, ist die Tatsache, dass der zur Herstellung der Zellen fürs Elektroauto bereits entstandene CO2-Ausstoss auf diese Weise zu einer besseren Energiebilanz führt.

Zu den Autoherstellern, die das Thema Batteriekreislauf bereits extensiv behandeln, gehört Renault. Allein die Circular Economy soll im Akku-Bereich schon 2022 eine Senkung des CO2-Ausstosses von 25 Prozent gegenüber dem Wert von 2010 erbringen. Der französische Konzern plant mit einem ersten Lebenszyklus einer Batterie im Renault Zoe von 10 bis 15 Jahren und einem darauffolgenden Zweitlebenszyklus in stationären Speichern von weiteren 10 Jahren, bis es zum fachgerechten Recycling kommt.

Renault testet die Batterie-Kreislauf-Wirtschaft in mehreren Projekten, darunter die sogenannten «Smart Islands» Porto Santo und Belle Ile, wo nur Elektroautos verkehren und Photovoltaik, Windenergie sowie grosse stationäre Speicher die Stromversorgung sicherstellen. Doch auch bei mobilen Anwendungen verwendet der Autobauer Second-Life-Batterien, etwa für Kühlaggregate in Lieferwagen oder Schiffen mit Elektro- oder Hybridantrieb.

Zu der verstärkten Kreislaufwirtschaft bei Renault passt auch die Bekanntgabe, dass im Traditionswerk Flins künftig eine Refactory für das Recycling und die Weiterverwendung von Batterien geschaffen wird. Allerdings, so hält Pascal Koch, Leiter Technik bei Renault Schweiz, fest, werden weder Batterien von Unfallautos weiterverwendet, noch werden Batteriezellen repariert.

Herbie Schmidt, «Neue Zürcher Zeitung» (23.01.2021)

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