Doch das ist nur die eine, die positive Seite der Medaille. Denn fest steht auch, dass «die Hälfte der Lebensräume und ein Drittel der Arten» in der Schweiz bedroht sind, wie das Bundesamt für Umwelt (Bafu) im vergangenen Jahr konstatiert hat. Mit dem Rückgang der Artenvielfalt gehe auch die genetische Vielfalt verloren. «Die Verluste halten auf allen Ebenen der Biodiversität an», so das Bafu weiter. Die bisher ergriffenen Massnahmen seien zwar «teilweise erfolgreich, aber längst nicht ausreichend».
Schädlinge und Waldbrände
Die Auswirkungen sind Thomas Crowther zufolge unübersehbar: «Wir können zum Beispiel beobachten, wie mit dem Anstieg der Temperaturen viele Arten höher in den Alpenraum wandern, um geeignete Lebensbedingungen zu finden.» Diese Veränderung könne zur Destabilisierung einzelner Ökosysteme führen. «So haben wir festgestellt, dass Schädlinge wie der Borkenkäfer immer häufiger auftreten. Zudem steigt das Risiko von Waldbränden, da viele Böden trockener werden. Diese Entwicklungen stellen ein Risiko für uns alle dar», warnt Crowther.
Der ETH-Professor sieht sich nicht nur als Forscher, sondern auch als Teil einer globalen Bewegung, die den rapiden Verlust an Biodiversität bekämpfen will. Und so ist Crowther heute unter anderem im Beirat der Initiative «Dekade für die Ökosystemrestaurierung » des UN-Umweltprogramms aktiv. Ausserdem hat er das ETH-Spinoff «Restor» gegründet, eine Art Google Earth, das lokale Informationen von Naturprojekten mit Daten von Ökosystemforschern und Satellitenbildern kombiniert (s. Kasten). Mit der Open-Data- Plattform werde «die ganze Welt der Umwelterhaltung und - restauration auf jedem Smartphone zugänglich», heisst es.
Neben dem Crowther Lab engagiert sich auch die ETH-Professorin Kristy Deiner für den Schutz der Biodiversität. Unter ihrer Leitung ist es dem interdisziplinären Team von ETH BiodivX gelungen, DNA-Proben in natürlichen Lebensräumen zu sammeln und so die Vielfalt der Arten in unterschiedlichen Ökosystemen zu erfassen und zu überwachen.
Die Anstrengungen der ETH-Forschungsteams sind beträchtlich. Doch reicht das aus, um die Biodiversität zu schützen – in der Schweiz und weltweit? Thomas Crowther ist optimistisch: «Wir sind die erste Generation, die das volle Ausmass unserer Einflüsse auf die Biodiversität erkennt und die Fähigkeit besitzt, Veränderungen herbeizuführen.»