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Experten im Gespräch: Themensession von UBS am diesjährigen Sustainable Switzerland Forum. Foto: SSF

Wirtschaft Partner Inhalt: UBS

Governance – die Voraussetzung für mehr Nachhaltigkeit

Das Kürzel ESG – für Environment (Umwelt), Soziales und Governance – hält die Unternehmenswelt auf Trab. Dabei erhält die Governance vielerorts noch zu wenig Aufmerksamkeit, obwohl sie einen Schlüsselfaktor für mehr Nachhaltigkeit darstellt. So lautet jedenfalls das Fazit von Unternehmern, die wir befragt haben.

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Governance – die Voraussetzung für mehr Nachhaltigkeit

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Wie schaffen wir die nachhaltige Wende? Diese Frage beschäftigt die Teppichetagen von Unternehmen quer durch alle Branchen – spätestens, seit die Vereinten Nationen 2015 ihre Agenda 2030 mit 17 Zielen für eine nachhaltige Entwicklung verabschiedet haben. Immer mehr Investoren achten nebst den finanziellen Eckdaten wie Rendite, Risiko und Liquidität vermehrt auf ESG-Kriterien. Am besten etabliert haben sich bisher Kennzahlen rund um die Umwelt, beispielsweise die Reduktion von CO₂-Emissionen. Aber auch soziale Themen gewinnen an Bedeutung. «Governance steht im Mittelpunkt der Firmen, die beim Thema Nachhaltigkeit bereits weiter sind», sagt Remo Häcki, Head Sustainability, Corporate & Institutional Clients bei UBS Schweiz. Die Governance umfasst die Grundsätze der Unternehmensführung. Sie beginnt bei der Unternehmensleitung und reicht bis zu den Kontrollmechanismen in einem Betrieb. «Verschiedenste Studien zeigen, dass die Governance einen Schlüsselfaktor für den Erfolg eines Unternehmens darstellt», weiss Häcki: «Sie bildet nicht nur die Voraussetzung, dass sich ein Unternehmen effektiv um ökologische und soziale Anliegen kümmern kann, sondern sie prägt die Führungsund Unternehmenskultur.»

Konstanter Austausch mit den Unternehmen

In der Hektik des Alltags sind kleinere Firmen jedoch oft von anderen Aufgaben absorbiert, so dass sie Governance- Fragen weniger Beachtung schenken. «Dafür können die Eigentümer diese Unternehmen stärker prägen, und im Dialog mit den Kunden finden wir gemeinsam heraus, wie die Wirkung für ESG-Themen erhöht werden kann», sagt Häcki. Manchmal helfe es Unternehmen schon weiter, wenn UBS sie mit anderen Unternehmen zusammenbringe, die eine ähnliche Herausforderung schon überwunden hätten. Zum Beispiel mit Firmen wie dem Kunststoffverarbeiter Semadeni Plastics Group, dem Food-Tech-Startup Yeastup oder mit einem Investor wie Donat Matthews. «Der konstante Dialog mit Unternehmen ist uns ein zentrales Anliegen. Dabei geht es immer um konkrete Themen und in keinem Fall um Ideologie.» Jedes Unternehmen ist anders, jede Branche hat eigene Ausprägungen und Geschwindigkeiten. So versucht UBS, innerhalb von Wertschöpfungsketten gemeinsam mit ihren Unternehmenskundinnen und -kunden für mehr Nachhaltigkeit in der Schweiz zu wirken: von der Beratung über die Investitionsplanung bis hin zur Finanzierung und zur Messung des Erfolgs.

Nachhaltigkeit ist in allen Branchen möglich

Mit Patrick Semadeni, CEO Semadeni Plastics Group, Urs Briner, Co-Founder und CFO Yeastup, sowie mit Donat Matthews, Entrepreneur und Investor, hat Remo Häcki verschiedene Governance- Fragen aus unterschiedlichen Perspektiven im Rahmen einer Deep-Dive-Session des Sustainable Switzerland Forums am 12. September 2023 in Bern, vertieft. «Von Unternehmen wird heute erwartet, dass sie so wirtschaften, dass ein Nutzen für die Gesellschaft entsteht, ohne unsere Lebensgrundlagen zu gefährden», sagt Patrick Semadeni, welcher auch das Amt als Nachhaltigkeitsverantwortlicher des Verbandes der Schweizerischen Kunststoffindustrie KUNSTSTOFF.swiss belegt. Sein Unternehmen macht heute vor, wie es auch in ökologisch sensiblen Sektoren möglich ist, verantwortungsvoll zu arbeiten. Derweil ist Urs Briner als Co-Founder und CFO daran, mit Yeastup ein nachhaltiges Food-Tech-Startup aufzuziehen, das auf die Kreislaufwirtschaft setzt. Die Idee: Yeastup verwandelt die Überschusshefe von Brauereien in hochwertige Proteine und Nahrungsfasern. «Allerdings warten wir nicht auf Almosen der Gesellschaft, sondern wollen Gewinne erzielen. Es braucht clevere Businessmodelle, damit Ökologie und Ökonomie miteinander einhergehen», betont Briner. Donat Matthews doppelt nach: «Geld regiert nun einmal die Welt.» Er engagiert sich als Investor in verschiedenen Verwaltungsräten und setzt vorwiegend auf Firmen, welche die Nachhaltigkeit direkt ins Kerngeschäft integrieren, wie zum Beispiel bei Lösungen für verdichteteres Wohnen. Für Matthews gehört es zur Nachhaltigkeit, dass ein Entscheid dem Unternehmen ermöglicht, auf lange Frist hinaus einen finanziellen Erfolg zu erzielen und so den Mitarbeitenden und ihren Familien zugutekommt. Dazu muss viel mehr in Betracht gezogen werden als der kurzfristige Gewinn eines Investors.

«Innovative Schweizer Unternehmen sind auf Anschubfinanzierungen angewiesen. Derzeit ist zu wenig Risikokapital vorhanden.»

Wo liegen die grössten Stolpersteine auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit? Die Komplexität von ESG führen die Experten unisono als herausfordernd an. «Einzelmassnahmen wie etwa die Umstellung auf eine energiesparende LED-Beleuchtung müssen wir in eine konsistente, übergeordnete Strategie einbetten. Sonst droht der Effekt zu verpuffen», meint etwa Semadeni. Dabei ist Nachhaltigkeit keine One-off-Aufgabe, die man erledigen und abhaken kann. Sie erfordert eine neue unternehmerische Denkhaltung. «Wenn alles gut läuft, ist es bequem, sich mit dem Status quo zu begnügen. Doch Nachhaltigkeit bedeutet, diesen kontinuierlich zu hinterfragen, die Nachhaltigkeitsperformance stetig zu verbessern und dazu die Komfortzone immer wieder zu verlassen», sagt Semadeni.

Mehr Risikokapital gesucht

Urs Briner fordert darüber hinaus ein gesellschaftliches Umdenken. Es brauche ein Verständnis, dass es beispielsweise bei der Reduktion von Fleischessen nicht um einen Lifestyle-Trend gehe, sondern darum, zurück zur natürlichen Balance zu finden. «Innovative Schweizer Unternehmen sind auf Anschubfinanzierungen angewiesen. Derzeit ist zu wenig Risikokapital vorhanden», bemängelt Briner. «Wenn es der Gesellschaft ernst ist mit der nachhaltigen Transformation, braucht es Institutionen, welche diese unterstützen.» Dafür, wie man sicherstellen kann, dass nachhaltige Prinzipien in die ganze Wertschöpfungskette fliessen, gibt es kein Pauschalrezept – aber gewisse Best Practices. Matthews hat so zum Beispiel kurzerhand von chinesischen zu europäischen Produzenten von Textilien und Möbeln gewechselt. «Und bitte sprecht in Verwaltungsräten und Geschäftsleitungsmeetings zuerst über Kunden, vor allen anderen Themen, denn von ihnen kommt das Geld», fügt er hinzu. Die Semadeni Plastics Group hat hingegen einen Code of Conduct verfasst. «Wir erwarten auch von unseren Lieferanten, dass sie diesen befolgen und überwachen dies auch bei den wichtigsten Partnern », erklärt Semadeni. Yeastup schliesst Verträge sehr langfristig ab, wenn sie strategisch bedeutsam sind. So hat das Startup mit einem grossen Logistiker einen Zehn-Jahresliefer- Vertrag für Bierhefe unterzeichnet. «Ausgewogene Verträge führen zu einer Win-win-Situation. Die Partner können gemeinsam nachhaltige Lösungen entwickeln. Und wenn wir erfolgreich sind, partizipieren die Lieferanten direkt an unserem Erfolg», erläutert Briner. Regelmässig unterzieht Yeastup seine Produkte einer Lebenszyklus-Analyse. Diese spiegelt den ökologischen Fussabdruck wider und zeigt weiteres Optimierungspotenzial auf. «Aber der grösste Erfolg ist für uns, wenn wir Konsumenten mit unseren Produkten glücklich machen», schmunzelt Briner.

Taten wichtiger als schöne Worte

Einig sind sich die Experten darin, dass es Nachhaltigkeit nicht zum Nulltarif gibt. «Der Ebit eines nachhaltigen Unternehmens liegt unter Umständen tiefer, weil viele Umweltkosten immer noch externalisiert sind. Das sollten auch Banken verstehen», gibt Semadeni zu bedenken. Zum Beispiel stellen Kompensationen für nicht vermeidbare Treibhausgasemissionen klare Mehrausgaben dar, die zu Buche schlagen. Briner lobt den Technologiefonds, der Bürgschaften an innovative Schweizer Unternehmen vergibt. Gleichzeitig kritisiert er, dass 100 000 Franken Umsatz eine hohe Schwelle für Startups bilden. Matthews appelliert an Dritte, einem Unternehmen «länger und mit Toleranz» die Stange zu halten, auch wenn dieses eine längere Durststrecke aushalten muss. «Gutes tun und darüber sprechen» ist eine Devise, nach der sowohl die Semadeni Plastics Group als auch Yeastup leben. «Unser Nachhaltigkeitsmanagement stellt einen Schwerpunkt in unserer Kommunikation dar», räumen Semadeni wie Briner ein. Mindestens so wichtig sei es aber, dass die Produktvorteile überzeugen. Wichtiger als Worte bleiben für Matthews ohnehin die Taten. Für kontraproduktiv hält er es, wenn sich Unternehmen lediglich einen grünen Anstrich geben. «Ich will nicht bunte ESG-Labels sehen, sondern, dass Firmen entweder mit grossen Altlasten aufräumen oder bestimmte kleine Handlungen unzählige Male konsequent richtig machen», sagt der Investor. Klar ist für alle Diskussionsteilnehmenden, dass Nachhaltigkeit zwar einen Effort verlangt – sich aber längerfristig für alle auszahlt: für das Unternehmen, alle Stakeholder, die Gesellschaft und die Umwelt.

Erste Schritte zu einer nachhaltigen Unternehmenskultur

  • Will ein Unternehmen konsequent nachhaltig wirtschaften, muss dieses Anliegen in der Strategie verankert sein und auf höchster Unternehmensstufe vorangetrieben werden.
  • Nur eine starke Governance mit eingespielten Regeln und Prozessen sowie Raum für Pragmatismus kann sicherstellen, dass sich die Nachhaltigkeit eines Unternehmens immer weiter verbessert.
  • Nachhaltigkeit verschiebt die Grenzen: Neben Kunden und Mitarbeitenden sind auch Lieferanten und weitere gesellschaftliche Anspruchsgruppen in die eigenen Bemühungen miteinzubeziehen.

Deklaration: Dieser Inhalt wurde vom Sustainable Switzerland Editorial Team im Auftrag von UBS erstellt.

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