Für die Aktivisten und Forscher steht fest: Um Unternehmen und Regierungen zu Emissionsminderungen zu bewegen, muss das Problem sichtbar werden.
Alle paar Monate gibt es aus diesem Grund neue Bilder von grossen und bislang unentdeckten Emissionsquellen, die Schlagzeilen machen. Das «Tor der Hölle» in Turkmenistan, ein offenes Loch, aus dem seit Jahrzehnten Methanemissionen aufsteigen, ist dabei ein besonders anschauliches Bild für ein sonst unsichtbares Phänomen.
Dabei sind die grossen, vereinzelten Emissionsquellen etwa durch Lecks nicht einmal das wirkliche Problem, sagen Experten. Die Mehrheit der Emissionen wird von vielen kleinen Ereignissen verursacht, verteilt auf Tausende von Anlagen in der ganzen Welt.
Dabei hat die IEA in diesem Jahr zum ersten Mal ein zusätzliches Problem identifiziert. «Stillgelegte Anlagen emittieren mehr Methan als einige der grössten Produzenten fossiler Brennstoffe», heisst es in dem jüngsten Bericht.
Alleine auf der Basis der begrenzten Daten schätzt die IEA, dass es weltweit etwa 8 Millionen verlassene Onshore-Öl- und -Gasbohrungen sowie eine grosse Anzahl verlassener Kohlebergwerke gibt. Davon befindet sich die Hälfte in den USA. Zwar würden die meisten Bohrlöcher den Regeln entsprechend geschlossen und stossen entsprechend «vernachlässigbare Mengen an Methan» aus.
Ist das jedoch nicht der Fall, können Bohrlöcher oder Entlüftungsöffnungen noch viele Jahre lang Methan emittieren, wie die IEA-Analyse warnend darlegt. Letztes Jahr wurden laut Schätzungen weltweit fast 5 Millionen Tonnen Methan aus stillgelegten Kohlebergwerken und etwas mehr als 3 Millionen Tonnen aus stillgelegten Öl- und Gasbohrungen freigesetzt. Zusammen machen sie rund 5 Prozent der energiebedingten Methanemission aus und stehen so nach China, den USA und Russland an vierter Stelle auf der Liste der grössten Methanverschmutzer aus der Industrie der fossilen Brennstoffe.
Noch ist das Problem kaum präsent in öffentlichen Debatten. Aber das wird sich insbesondere in Europa ändern, je mehr Anlagen stillgelegt werden – nicht nur auf dem Land, sondern auch in den europäischen Meeren. Forschungsmissionen in der Nordsee fangen schon an, die Emissionen durch stillgelegte Bohrlöcher am Meeresgrund zu berechnen.
Der Druck auf Unternehmen steigt auch regulatorisch – in der EU sowie im Vereinigten Königreich. Sie müssen sicherstellen, dass die alten Anlagen keine zusätzlichen Emissionsquellen darstellen.
Seit 2021 versprechen immer mehr Regierungen und Unternehmen, dass sie Methanemissionen bis 2030 um 30 Prozent reduzieren würden. Auf der Weltklimakonferenz in Glasgow wurde dieses Methan-Pledge mit Pauken und Trompeten angekündigt. Seither ist kaum etwas geschehen. Kaum eines der vielen Versprechen ist mit konkreten Auflagen und Abgaben untermauert.
Die Satellitenbilder und Messungen vor Ort durch Umweltaktivisten und Forscher haben jedoch in der EU den Druck erhöht, konkrete Schritte zu unternehmen. Regierungen beschlossen 2023 neue Auflagen, die darauf abzielen, die Kontrolle und die Reparatur von Lecks zu verbessern. Neue Emissionsnormen für Gaseinfuhren zielen darauf ab, die grossen Exportnationen USA, Russland oder auch die Golfstaaten zu Emissionsminderungen zu zwingen. Unter Präsident Donald Trump planen die USA jedoch, Methanauflagen wieder aufzuheben.
Die kommenden Jahre werden zeigen, ob die EU ihre Marktmacht nutzen kann, um Veränderungen zu erreichen. Was in den kommenden Jahren sicher ist: Mithilfe von Satelliten- und anderen Technologien wird das Ausmass des Methanproblems immer deutlicher werden.