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Hopfen ist gemäss dem deutschen Reinheitsgebot eine von vier Zutaten, die zum Bierbrauen verwendet werden dürfen. Bild: Meritt Thomas

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Wird europäisches Bier durch den Klimawandel wirklich teurer und schmeckt schlechter?

Qualität und Quantität des Hopfens würden unter Hitze und Trockenheit leiden, sagt eine Studie. Hopfenbauern geben Entwarnung. Aber nur teilweise.

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«Der Klimawandel macht sich viel schneller bemerkbar, als wir alle dachten», sagt Walter König und bestätigt damit etwas, das eigentlich längst bekannt ist. Weltweit gehen Millionen von Menschen wegen des Klimawandels auf die Strassen, Aktivisten kleben sich an ebendiesen fest, um auf die immer heftigeren Auswirkungen des sich verändernden Klimas aufmerksam zu machen. Dass Walter Königs Worte trotzdem noch aufschrecken, liegt an seiner Funktion: Er ist Geschäftsführer der Gesellschaft für Hopfenforschung (GfH) im bayrischen Hüll. Dort, wo ein Grossteil der deutschen Hopfenpflanzen angebaut werden. Diese sind laut einer neuen Studie stark vom Klimawandel bedroht – sagen die Wissenschafter. Die Betroffenen bezweifeln das.

Laut der nun veröffentlichten Studie könnte der Klimawandel dazu führen, dass in Europa künftig nicht nur weniger, sondern auch schlechteres Bier produziert wird. «Und wenn’s ums Bier geht, kriegen die Leute Angst», sagt Erich Lehmair vom Verband Deutscher Hopfenpflanzer. Seine Branche hatte für das Jahr 2022 einen erheblichen Rückgang der Hopfenernte vermelden müssen, im Vergleich mit dem Vorjahr wurden 28 Prozent weniger Hopfen geerntet. Der geringste Hektarertrag seit 30 Jahren.

Die Hopfenbauern müssen auf die Erkenntnisse reagieren, die ein internationales Forscherteam von der Tschechischen Akademie der Wissenschaften in Brünn Mitte dieser Woche im Fachblatt «Nature Communications» veröffentlicht hat. Das Team hatte die Hopfenernten zwischen 1971 und 1994 mit denen der Jahre 1995 bis 2018 verglichen und deutliche Rückgänge festgestellt. Ihre Ergebnisse projizierten die Forschenden dann mittels Klimamodellen in die Zukunft. Und die sieht laut der Studie nicht gerade süffig aus.

Biertrinker sollen den Klimawandel an Preis oder Qualität des Bieres spüren

Laut den Angaben werden die Hopfenerträge in den europäischen Anbaugebieten bis 2050 um 4 bis 18 Prozent sinken, wenn sich die Landwirte nicht an heisseres und trockeneres Wetter anpassen. Gleichzeitig sinke der Gehalt an Alphasäuren im Hopfen um 20 bis 31 Prozent. Alphasäuren verleihen Bieren den unverwechselbaren Geschmack und Geruch. Biertrinker würden den Klimawandel auf jeden Fall bemerken, sei es am Preis oder an der Qualität, heisst es in der Studie.

Ulf Büntgen, Co-Autor und Forscher an der WSL Birmensdorf, sagt: «Es ist besonders die Zunahme klimatischer Extremereignisse wie Dürren und Hitzewellen, die dem Ertrag und der Qualität schadet und damit den Sektor belastet.» Um sich daran anzupassen, müssten vermehrt Hopfensorten gepflanzt werden, die mit den veränderten Klimabedingungen besser zurechtkämen. Und es müssten bessere Bewässerungssysteme zum Einsatz kommen. Die Studie empfiehlt zudem, Anbauflächen zu vergrössern – für Deutschland eine Steigerung um 20 Prozent. «Anpassungsmassnahmen sind mit zusätzlichen und nur wenig kalkulierbaren Kosten für Betriebe verbunden», sagt Büntgen.

Vor allem die Aromasorten lagen schon im vergangenen Jahr weit unter dem durchschnittlichen Ertragsniveau. Erich Lehmair vom Verband der Hopfenbauer macht trotzdem klar: An Hopfenpflanzen festkleben muss sich niemand, «zumindest für den Biertrinker wird es nicht dramatisch», sagt er. Probleme durch die Klimaveränderungen ergäben sich eher für die Produzenten. Grundsätzlich teilt Lehmair die Ansichten der Studie, verweist aber darauf, dass die Hopfenpflanzer das wohl effektivste Mittel gegen die Klimabedrohung längst einsetzten: neue Hopfensorten, die zum einen klimaresistenter sind und zum anderen weniger Wasser brauchen. Nur bedeute diese Anpassungsmassnahme sehr viel mehr Arbeit. Alte Pflanzen müssen gerodet, neue in den Boden gebracht werden.

Im ersten Jahr müssten die Bauern viel von Hand machen, weil die Pflanzen zunächst zu klein für die grossen Maschinen seien. «Man hat dann einen hohen Aufwand, aber keinen Ertrag», sagt Lehmair. Erst im zweiten Jahr nach der Aussaat kann man den Hopfen ernten. Die Hopfenpflanzer seien durchaus bereit, diese Vorleistung zu erbringen, die Brauereien aber täten sich schwer.

Brauereien müssen ihre Rezepte ändern

«Die Brauereien sind darauf bedacht, ihr bewährtes Rezept beizubehalten, um keine Veränderungen im Geschmack zu erleiden», sagt Lehmair. Stammkunden würden jedes neue Aroma sofort bemerken – und eventuell ablehnen. «Dabei sind die neuen Sorten aromatisch stark an die alten Sorten adaptiert», sagt der Hopfenforscher König. Natürlich könne keine Sorte eine andere zu 100 Prozent ablösen, man müsse experimentieren und offen dafür sein. «Das ist der Weg, den wir gehen müssen, um die Zukunft des Bieres zu sichern.»

König kritisiert die nun vorgelegte Studie dafür, dass sie nur veraltete Hopfensorten untersucht habe. Diese seien extrem betroffen vom Klimawandel, würden dem langfristig nicht standhalten. Was aber nicht in der Studie stehe: «Wir bringen schon seit 30 Jahren Neuzüchtungen in den Boden», sagt König. Die Sorten, die in den vergangenen zehn bis zwölf Jahren verpflanzt wurden, seien schon viel klimatoleranter und stünden mittlerweile auf 88 Prozent der Anbauflächen in Deutschland.

Und in dieser Hinsicht habe die so Bier-bedrohlich klingende Studie auch etwas Gutes, sagt Walter König: «Sie macht darauf aufmerksam, dass dieser Flächenumbau nie stoppen darf.»

Max Sprick, «Neue Zürcher Zeitung» (13.10.2023)

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