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Wie das historische Faustpfandprinzip  die Kreislaufwirtschaft und Digitalisierung  in der Schweiz bremst

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Produktion & Konsum Wirtschaft Partner Inhalt: economiesuisse

Wie das historische Faustpfandprinzip die Kreislaufwirtschaft und Digitalisierung in der Schweiz bremst

Wenn Unternehmen günstige Kredite erhalten können, schlägt sich das am Ende auf die Preise nieder. Davon profitieren die Konsumentinnen und Konsumenten. Ein Gesetz im Schweizer Mobiliarsicherungsrecht erschwert allerdings KMU und Unternehmen aus der Kreislaufwirtschaft die Aufnahme eines günstigen Kredits.

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Möchte ein Schweizer Unternehmen einen Kredit bei der Bank aufnehmen, gibt es dafür zwei Optionen: Es kann entweder einen gesicherten oder einen ungesicherten Kredit beantragen. Bei einem ungesicherten Kredit besteht für die Bank das Risiko, dass sie im Konkursfall des Unternehmens – wenn überhaupt – lediglich eine Konkursdividende erhält. Aus diesem Grund setzen Banken bei ungesicherten Krediten meist einen höheren Zins fest. Bei einem gesicherten Kredit muss das Unternehmen der Bank Vermögenswerte – beispielsweise Grundstücke (mittels Hypothek) oder bewegliche Güter wie Fahrzeuge und Maschinen – oder Besitzrechte an Vermögenswerten als Sicherheit übergeben. Es erhält dafür aber den Kredit zu günstigeren Konditionen. Im Falle einer Rückzahlungsunfähigkeit des Unternehmens kann die Bank die übertragenen Vermögenswerte oder Besitzrechte liquidieren und so ihr Geld zurückerhalten.

Nutzenbasierte Geschäftsmodelle werden in Zukunft wichtiger

Die Agenda der Vereinten Nationen fordert die Sicherstellung von nachhaltigen Konsum- und Produktionsmustern (SDG 12) sowie die Förderung einer nachhaltigen Industrialisierung und Unterstützung von Innovationen (SDG 9). Eine Revision des Mobiliarsicherungsrechts und die Digitalisierung des Eigentumsvorbehaltsregisters käme dem entgegen. Gemäss Bundesamt für Umwelt strapazieren Schweizerinnen und Schweizer die zur Verfügung stehenden Ressourcen mit einem materiellen Fussabdruck von 17 Tonnen. Das planetenverträgliche Mass liegt bei 5-8 Tonnen pro Person. Die Schweiz, ein Land, in dem Rohstoffe knapp und Unternehmen vom internationalen Handel abhängig sind, wird auch in Zukunft noch stärker von nutzenbasierten Geschäftsmodellen profitieren.

Ein altes Gesetz erschwert die günstige Kreditaufnahme

Doch gerade KMU oder Jungunternehmen haben häufig wenig bis gar keine Vermögenswerte, die sie der Bank als Sicherung überlassen können. Bilanzaktiven wie etwa Fahrzeuge oder Maschinen benötigen die Unternehmen meist zur Aufrechterhaltung des Betriebs und können demnach nicht als Gläubigerschutz eingesetzt werden. Grund für diese Situation ist das Faustpfandprinzip.

Dieses Prinzip wurde in der Schweiz 1881 eingeführt. Es diente damals als Gläubigerschutz, indem potenzielle Gläubiger davor bewahrt werden sollten, einen Schuldner aufgrund seines Besitzes falsch einzuschätzen und ihm zu viel Kredit zu gewähren. Denn liegt ein Gut physisch in der Obhut der Bank oder eines anderen Gläubigers, kann es von dem Unternehmen nicht für weitere Kredite als Sicherheit eingesetzt werden. Allerdings wurden mit der Zeit verschiedene Instrumente geschaffen, welche die Verbindung zwischen Besitz und Vermögen aufweichen. Allgemein bekannt ist beispielsweise das Grundbuch für den Eintrag von Hypotheken, also Sicherheiten an Immobilien. Für Mobilien, das heisst bewegliche Objekte, kann beispielsweise ein Eigentumsvorbehalt im Eigentumsvorbehaltsregister eingetragen werden, wenn ein Objekt abgezahlt wird. Damit deklarieren Gläubiger und Schuldner offiziell, dass sich ein bewegliches Gut zwar bereits im Besitz des Schuldners befindet, es aber – bis zur vollständigen Bezahlung – noch das Eigentum des Gläubigers ist. Im Falle eines Konkurses des Schuldners fällt dieses Objekt nicht in die sogenannte Konkursmasse, sondern wird für den Gläubiger ausgesondert. Dieser Eintrag ins Register hat Publizitätswirkung, das heisst, auch potenzielle neue Gläubiger können das Register einsehen. Dennoch ist dieses Vorgehen praxisuntauglich, denn in der Schweiz gibt es ganze 400 separate, nicht digitale und nicht miteinander verbundene Register, was eine zielgerichtete Suche verunmöglicht.

Bundesrat ist sich der Praxisuntauglichkeit bewusst

In Zukunft könnte die Digital-Ledger-Technologie (DLT) Abhilfe schaffen. Mit einem einzigen digitalen Register können Eigentumsrechte sicher dokumentiert und weltweit eingesehen werden. Cornelia Stengel, Rechtsanwältin und Geschäftsführerin des Schweizerischen Leasingverbands ergänzt: «Die Schweiz ist auf dem Gebiet der DLT bereits führend und kann mit einem solchen konkreten Anwendungsbeispiel ihre starke Position weiter ausbauen». Auch der Bundesrat ist sich der Praxisuntauglichkeit des Eigentumsvorbehaltsregisters bewusst. Als Antwort auf eine Motion von Ständerat Beat Rieder räumt er in diesem Zusammenhang ein, dass das Eigentumsvorbehaltsregister gerade im internationalen Handel zu einem Nachteil für Schweizer Unternehmen führen könne. In einer vom Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) und Bundesamt für Justiz (BJ) in Auftrag gegebenen Regulierungsfolgenabschätzung wurde die Nachfrage nach einer solchen Mobiliarhypothek abgeklärt, und es wurden insbesondere vier Gruppen von KMU identifiziert, die grosses Interesse bekunden, darunter solche, die «klein sind, erst kurz am Markt tätig sind und einen relativ grossen Investitionsbedarf aufweisen». Genannt wurden explizit auch Unternehmen aus der Kreislaufwirtschaft.

Letztendlich profitieren Konsumentinnen und Konsumenten

Bei Credit Suisse spürt man einen wachsenden Finanzierungsbedarf in diesem Sektor. «Die Nachfrage nach Finanzierungen für Geschäftsmodelle im Bereich der Kreislaufwirtschaft hat in den vergangenen Jahren zugenommen», sagt Malte Lindberg, Leiter Corporate Leasing Schweiz, Credit Suisse. Die «Circular Economy» zeichnet sich – anders als die lineare Wirtschaft – dadurch aus, dass Materialien und Produkte möglichst lange im Umlauf bleiben. Dafür setzen Unternehmen der Kreislaufwirtschaft auf modulare, zerlegbare sowie wart- und reparierbare Materialien. Die Herstellung solcher langlebigen Produkte ist vor allem eines: teuer. Doch mit einer Revision des Mobiliarsicherungsrechts würden genau diese werthaltigen Produkte zum Vorteil für innovative Unternehmen werden. «Könnten Sachen wie etwa Grundstücke bei Hypotheken für die Besicherung von Krediten herangezogen werden, könnten Firmen mit nutzenbasierten Geschäftsmodellen ihre werthaltigen Produkte als Sicherheiten geben und so günstiger Kredite aufnehmen», erklärt Stengel. Dies würde gemäss der Rechtsanwältin zu günstigeren Angeboten für die Konsumentinnen und Konsumenten führen.

Deklaration: Dieser Inhalt wurde vom Sustainable Switzerland Editorial Team im Auftrag von economiesuisse erstellt.

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