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Produktion & Konsum: Kreislaufwirtschaft

Von Anfang bis Ende klimaschonend

Eine nachhaltige Entwicklung setzt voraus, dass Wirtschaftswachstum und Ressourcenverbrauch entkoppelt werden. Das kann gelingen, wenn Material- und Produktkreisläufe geschlossen werden.

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Bevölkerung und der Wohlstand wachsen.
  • Der Ressourcenverbrauch ist hoch.
  • Es fallen grosse Mengen an Abfall an.

Die Schweizer Bevölkerung wächst kontinuierlich. Seit 1900 hat sie sich verdoppelt. Ende 2021 betrug die ständige Wohnbevölkerung 8,7 Millionen Personen. Aber nicht nur die Population wächst, auch der Wohlstand nimmt zu. Die Einkommen der Privathaushalte sind seit 1995 um ein Viertel gestiegen.

Mit zunehmendem Wohlstand geht auch ein gesteigerter Konsum einher. So wachsen die Konsumausgaben im Vergleich zur Bevölkerung überdurchschnittlich. Der starke Konsum in der Schweiz wirkt sich auf die Umwelt aus, im Inland wie auch im Ausland. Er führt zu Ressourcenverbrauch und enormen Abfallmengen.

Das 9R-System der Kreislaufwirtschaft

Das Ziel der Kreislaufwirtschaft ist es, die Lebensdauer von Produkten zu maximieren und Abfallprodukte aufs Notwendigste zu beschränken.

Unsere Welt lebt von tagtäglich neu geschaffenen Produkten. Gemäss dem Circularity Gap Report 2023 finden global lediglich etwa 7 Prozent aller Materialien zurück in den Wirtschaftskreislauf. Mehr als 90 Prozent sind entweder für sehr lange gebunden, beispielsweise in Gebäuden oder Maschinen, oder sie werden schlicht als Abfall verbrannt und in Deponien entsorgt.

Das vorherrschende Wirtschaftssystem ist linear: Rohstoffe werden geschürft, verarbeitet und zur Herstellung von Produkten genutzt. Danach sind sie – teils früher, teils später – Abfall. Entgegen der verbreiteten Ansicht, dass immer mehr Materialien wiederverwertet werden und den Weg zurück in den Produktionsprozess finden, hat sich die Situation laut dem Circularity Gap Report inzwischen sogar noch zugespitzt: Stammten 2018 noch 9,1 Prozent der Neuproduktion aus zurückgewonnen Materialien, sind es heute 2 Prozentpunkte weniger.

Die Schweiz recycled gut und gerne

In vielen Bereichen der Nachhaltigkeit ist die Schweiz führend: So gehört sie zu den weltweit besten Recyclern von Siedlungsabfällen. Aber es gibt noch viel zu tun. Denn auch hierzulande erhöht sich die Menge an Siedlungsabfällen stetig – gesamthaft und pro Person. Je Einwohnerin und Einwohner nahm die Abfallmenge von 659 Kilogramm im Jahr 2000 auf 709 Kilogramm im Jahr 2020 zu. Positiv zu verzeichnen ist, dass hierzulande gleichzeitig auch der Recyclinganteil gewachsen ist. Während dieser 1990 noch 29 Prozent betrug, wurden im Jahr 2021 bereits 52 Prozent der Siedlungsabfälle separat gesammelt und rezykliert.

Der Rest wurde Kehrichtverbrennungsanlagen (KVA) zugeführt, verbrannt und die dabei entstehende Wärme für die Fernwärme oder die Stromproduktion genutzt. Siedlungsabfälle werden in der Schweiz seit 2005 nicht mehr deponiert, sondern fast komplett stofflich oder energetisch verwertet – einzig Schlacke wird nach Abtrennung der Wertstoffe auf Deponien entsorgt.

Die stoffliche und energetische Verwertung steht bei der Kreislaufwirtschaft jedoch an letzter Stelle. Sie kommt erst dann zum Zuge, wenn die Lebensdauer des Produkts durch Wiederverwendung, Reparatur oder Ähnliches nicht mehr verlängert werden kann. Die Kreislaufwirtschaft setzt nicht erst bei der Herstellung eines Produkts an, sondern schon früher – etwa beim Produktdesign.

Herausforderungen

  • 2,8 Millionen Tonnen vermeidbare Lebensmittelabfälle
  • 74 Millionen Tonnen Abfall aus der Bauwirtschaft

Der dringendste Handlungsbedarf hin zu erhöhter Ressourceneffizienz und geschlossener Kreisläufe besteht in der Schweiz in den Bereichen Landwirtschaft und Ernährung sowie auf dem Gebiet Bauen und Wohnen.

Nahrungsmittel sind der relevanteste Wirtschafts- und Konsumbereich im Hinblick auf die Umweltauswirkungen: Dieser Sektor verursacht die grössten Belastungen und weist die höchsten Verbesserungspotenziale auf. Erhebliche Potenziale bestehen in der Reduktion des Konsums tierischer Produkte, da deren Produktion im Vergleich mit pflanzlichen Produkten in der Regel ressourcenintensiver ist. Handlungsbedarf besteht ebenso bei den Lebensmittelabfällen.

Entlang der gesamten Wertschöpfungskette entstehen in der Schweiz jährlich 2,8 Millionen Tonnen vermeidbare Lebensmittelabfälle. Die Lösungsansätze zur Reduktion der Lebensmittelabfälle sind vielfältig: Förderung von Absatzkanälen für nicht normgerechtes Obst und Gemüse, Verwertung der anfallenden Nebenprodukte in der Lebensmittelindustrie oder Sensibilisierung der Bevölkerung.

Abfallaufkommen in der Schweiz und Europa

Quelle: Swiss Recycling, EUSTAT

Die Schweiz produziert vergleichsweise viel Siedlungsabfälle im Verhältnis zur Bevölkerung. Während in der EU 2020 pro Kopf 505 Kilogramm Siedlungsabfälle anfielen, waren es in der Schweiz 709 Kilogramm. Die Schweiz produziert zwar mehr Abfall, sie verwertet hingegen auch mehr als die EU.

Der Bausektor ist Nummer eins beim Rohstoffverbrauch

Handlungsbedarf besteht neben der Ernährung insbesondere beim Bauen. Der Schweizer Bausektor weist, im Vergleich mit anderen Sektoren wie Mobilität oder Produktion, den grössten Rohstoffverbrauch auf. Jährlich werden rund 62 Millionen Tonnen Material umgesetzt.

Gleichzeitig fällt in der Bauwirtschaft auch die meisten Abfälle an: rund 74 Millionen Tonnen pro Jahr. Um Rohstoffe effizienter zu nutzen und die Abfallberge zu verringern, bieten sich mehrere Lösungsansätze an: energetische Sanierungen zur Senkung des Energiebedarf, Weiterverwendung rückgebauter Bauelemente oder Einsatz umweltfreundlicher, das heisst rezyklierter oder nachwachsender Baumaterialien.

Fakt ist: Wir verbrauchen mehr, als die Erde hergibt

Am 13. Mai

ist Swiss Overshoot Day. Dann haben wir unsere Ressourcen verbraucht und leben auf Kosten anderer.

Und einen Ausschnitt aus dem weltweiten Vergleich:

  • Qatar: 10. Februar
  • USA: 13. März
  • Deutschland: 4. Mai
  • Jamaica: 20. Dezember

Quelle: Overshootday.org

Der Umgang eines Landes mit den Ressourcen lässt sich plakativ an seinem Overshoot Day (zu Deutsch: Überlastungstag) festmachen. Der Earth Overshoot Day gibt den Tag im Jahr an, an dem die Menschheit alle natürlichen Ressourcen verbraucht hat, welche die Erde innerhalb eines Jahres zur Verfügung stellen kann - 2023 fällt der auf den 27. Juli. Dasselbe Konzept lässt sich auch auf einzelne Länder anwenden.

Potenziale

  • Stärkeres Bewusstsein für nachhaltigen Konsum
  • Zirkuläre Geschäftsmodelle und kreislauffähige Produkte
  • Verringerung regulatorischer Hürden

Damit die Schweizer Wirtschaft immer mehr zur Kreislaufwirtschaft wird und die Schweizer Gesellschaft ressourceneffizient agiert, braucht es noch einiges. Nicht zuletzt ein Umdenken der Konsumentinnen und Konsumenten. Das Potenzial dafür ist vorhanden.

In der Schweizer Bevölkerung gibt es heute ein hohes Bewusstsein für die Bedeutung eines nachhaltigen Konsums. Die korrekte Entsorgung bzw. das Recyceln von Abfällen wird allgemein als wichtig angesehen.

Das gewandelte Bewusstsein der Öffentlichkeit und insbesondere die Forderungen von mündigen Konsumentinnen und Konsumenten nach mehr Nachhaltigkeit und einer stärkeren Kreislaufwirtschaft setzen Unternehmen mehr und mehr unter Druck. Für die Schweiz als eines der innovativsten Länder der Welt ist dies eine Chance. Mit zirkulären Geschäftsmodellen (Mieten, Leasing etc.) und kreislauffähigen Produkten dank Ökodesign können sich Schweizer Unternehmen von ausländischen Konkurrenten abheben.

Gleichzeitig wird gefordert, die regulatorischen Rahmenbedingungen an die neuen Konzepte der Kreislaufwirtschaft anzupassen und Anreize so zu setzen, dass Ressourcen mehr als bisher geschont werden. Die parlamentarische Initiative «Schweizer Kreislaufwirtschaft stärken» fordert den Abbau der regulatorischen Hürden und administrativen Hemmnisse, die Stärkung von Branchenvereinbarungen und freiwillige Massnahmen von Unternehmen.

Weitere Informationen

Bundesamt für Umwelt: Rohstoffe, Abfall und Kreislaufwirtschaft

Weiterführende Informationen zur Kreislaufwirtschaft

Studie: Die Hürden gegen Ressourceneffizienz und Kreislaufwirtschaft abbauen

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