Alles in allem entgehen so jedes Jahr rund 14'000 Tonnen Abfall «einem gut funktionierenden Entsorgungssystem», sagt derselbe Bericht. Allein durch Littering werden jährlich rund 2700 Tonnen Plastikmüll achtlos entsorgt. Knapp 50 Tonnen Makroplastik gelangen durch Verluste infolge des Transports während der Abfallentsorgung in den Boden, so der oben zitierte Bericht. Zehn Tonnen Wattestäbchen und andere Hygieneprodukte, die über die Toilette entsorgt werden, landen in Oberflächengewässern. In dieser Summe enthalten ist auch Mikroplastik (siehe Kasten).
Treibhausgase und Recycling
Was kann dagegen getan werden? «Wie bei PET, das vollständig rezyklierbar ist, müsste die Kunststoffverarbeitung auf Bundesebene geregelt werden, von der Entwicklung des Materials bis hin zur Verarbeitung», sagt Jasmine Voide, Projektleiterin beim Dachverband Swiss Recycling. Denn die enorme Komplexität von Kunststoffen erschwere oder verhindere oft das Recycling.
Swiss Recycling weist aber auch auf die geschätzten Eigenschaften von Kunststoff hin, insbesondere im Bereich Lebensmittelschutz. Greenpeace hingegen betont, dass beim Recycling schadstoffbelasteter Produkte die Schadstoffe ins Recyclingprodukt übergehen können. Wie auch immer: In der Schweiz entstehen immer mehr neue Sammelkanäle für Nicht-PET-Kunststoffe wie z.B. Getränkekartons, Fläschchen, Plastiksäcke und Gebinde aller Art.
So hat die Thurgauer InnoRecycling AG ein Netzwerk von über 500 Gemeinden im Jahr 2022 mehr als 7000 Tonnen Haushaltkunststoff gesammelt. Das Unternehmen gibt eine Recyclingquote von rund 63% an. Die Sammlung erfolgt über kostenpflichtige Sammelsäcke. Das Unternehmen arbeitet mit einer Sortier- und Verarbeitungsanlage in Österreich zusammen.
Das aus den Kunststoffen gewonnene Granulat wird in Europa weiterverkauft. Die InnoRecycling AG plant den Bau einer Sortieranlage im Thurgau und strebt eine Sammlung von 20'000 Tonnen Kunststoffen pro Jahr an, sagt Sprecher Patrik Ettlin. Die Migros ihrerseits gibt bekannt, im Jahr 2022 rund 3200 Tonnen (Nicht-PET-)Plastikflaschen und mithilfe der Sammelsäcke 500 Tonnen Plastikabfall gesammelt zu haben.
Steigender Konsum
«Die Recyclingquote steigt, aber auch der Verbrauch. Hinzu kommt, dass dieser Prozess Energie verbraucht», stellt Florian Breider, Leiter des zentralen Umweltlabors an der EPFL, fest. Nach Angaben des Bundesamtes für Umwelt (BAFU) entfallen etwa 5% des gesamten Treibhausgas-Fussabdrucks der Schweiz auf Kunststoff. «Wenn Ihre Plastikflasche zu einem Pullover, einer Giesskanne oder anderen Gegenständen verarbeitet wurde, sind diese nicht mehr rezyklierbar», schreibt Jacques Exbalin, Autor eines Buches über den Kampf gegen Plastik.
Greenpeace stellt das Prinzip der Privatisierung von Recycling grundsätzlich infrage, da der Kunststoffbedarf der Recycling-Branche die Produktion ankurbeln dürfte – und dies in einer Zeit, in der die Elektrifizierung des Verkehrs die grossen Ölkonzerne dazu veranlasst, einen Teil ihrer Produktion auf Kunststoff umzustellen. Jedes Jahr werden mehr als 400 Millionen Tonnen Plastik produziert.
«Die Botschaft, dass man Kunststoffprodukte und -verpackungen ruhig verwenden kann, wenn man sie nach dem Gebrauch trennt, ist falsch. Gegenstände aus Kunststoff müssen so hergestellt werden, dass sie für eine möglichst lange Lebensdauer vorgesehen und danach möglichst einfach zu rezyklieren sind», sagt Breider, der die enorme Verschwendung von Einwegartikeln anprangert. Nichts abgewinnen kann er den Mineralwasserflaschen: «ein vollkommen unnötiges Produkt, da Schweizer Leitungswasser eine sehr gute Qualität aufweist». Greenpeace hält die Massnahmen zur Verbesserung der Abfallsammlung für «reines Greenwashing». Die NGO befürwortet den Wechsel hin zu einem System mit wiederverwendbaren Verpackungen.