«Was sich heute noch nicht rechnet, kann sich morgen doppelt auszahlen»
Als Jury-Mitglied des «Sustainable Shapers» Awards zeigt Saskia Günther, wie unternehmerische Weitsicht und Nachhaltigkeit zusammenwirken. Im Interview erklärt sie, wo Firmen ansetzen können – strategisch wie im Alltag.
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• • Anja Ruoss
Gab es einen Moment, in dem Sie Ihre Haltung zur Nachhaltigkeit grundsätzlich überdenken mussten?
Saskia Günther: «In den letzten 30 Jahren hat sich die gesellschaftliche Bedeutung von Nachhaltigkeit immer wieder gewandelt – sie kam in Wellen. Mal stand sie stark im Fokus, mal rückte sie in den Hintergrund, wie auch aktuell. Für mich war es in solchen Phasen immer zentral, eine klare und verständliche Grundhaltung zu bewahren. Nur so lassen sich Fortschritte erzielen und nachhaltige Wettbewerbsvorteile sichern. Die Feinheiten liegen oft in der Argumentation.»
Was bedeutet nachhaltige Führung für Sie persönlich?
Günther: «Nachhaltige Führung heisst für mich: Vorbild sein, glaubwürdig handeln und alle Perspektiven mitdenken – wirtschaftlich, ökologisch und sozial. Es geht darum, mit gutem Beispiel voranzugehen, Innovationen mit Partnern voranzutreiben und auch mutige Entscheidungen zu treffen. Was sich heute noch nicht rechnet, kann sich morgen doppelt auszahlen.»
«Wir sollten weniger über Hürden sprechen und stattdessen den Fokus stärker auf Chancen und Lösungen legen.»
Saskia Günther
Head of Sustainability bei Swisscom
Wie gelingt es Ihnen, Nachhaltigkeit mit Wirtschaftlichkeit in Einklang zu bringen?
Günther: «Wirtschaftlichkeit ist ein fester Bestandteil von Nachhaltigkeit – es geht um Menschen, Arbeitsplätze, ökologische Grundlagen und Unternehmensführung. Bei Swisscom integrieren wir Nachhaltigkeit in unser Kerngeschäft und denken bei Projekten in Lebenszyklen und Langfristigkeit. So entstehen Lösungen, die sowohl rentabel als auch wirksam sind.»
Wo sehen Sie aktuell den grössten Hebel für nachhaltiges Wirtschaften in Ihrer Branche?
Günther: «In der ICT-Branche liegt der grösste Hebel sicherlich in der digitalen Transformation. Neue Technologien ermöglichen Geschäftsmodelle, die sowohl wirtschaftlich tragfähig sind als auch messbaren Impact für Klima, Umwelt und Gesellschaft schaffen.»
Gibt es eine Entscheidung, die Sie als Führungskraft getroffen haben, auf die Sie in puncto Nachhaltigkeit besonders stolz sind?
Günther: «Nachhaltigkeit beim Verwaltungsrat zu verankern und als festen Bestandteil der Unternehmensstrategie sowie in der Incentivierung des Managements zu etablieren, war ein bedeutender Schritt. Besonders stolz bin ich darauf, dass wir Nachhaltigkeit sowohl im B2C- als auch im B2B-Bereich integrieren und neue, nachhaltige Geschäftsmodelle entwickeln. Aber das war kein Einzelerfolg – Nachhaltigkeit ist Teamarbeit und braucht Zusammenarbeit.»
«Zusammenarbeit ist zentral: echte Fortschritte entstehen, wenn wir gemeinsam arbeiten, statt isoliert zu handeln.»
Saskia Günther
Head of Sustainability bei Swisscom
Was sind aus Ihrer Sicht die grössten Hürden für nachhaltige Transformation in der Schweiz?
Günther: «Ich glaube, wir sollten weniger über Hürden sprechen und stattdessen den Fokus stärker auf Chancen und Lösungen legen. Zusammenarbeit ist dabei zentral: echte Fortschritte entstehen, wenn wir gemeinsam an Win-Win-Win-Szenarien arbeiten, statt isoliert zu handeln. Und dann: einfach machen!»
Welche Innovation, Technologie oder Initiative begeistert Sie aktuell besonders?
Günther: «Mich begeistern digitale Technologien wie KI – vorausgesetzt, sie werden verantwortungsvoll und gezielt eingesetzt, um einen positiven Nachhaltigkeitseffekt zu erzielen. Zwei Beispiele mit denen Swisscom kooperiert: das ETH-/EMPA-Startup Viboo spart mit smarten Algorithmen bis zu 40 % Heizenergie; Mondra unterstützt mithilfe digitaler Zwillinge die Dekarbonisierung der Lebensmittelversorgungskette.»
«Oft wird Nachhaltigkeit auf Umweltthemen reduziert – für mich gehört auch die gesellschaftliche Dimension unbedingt dazu.»
Saskia Günther
Head of Sustainability bei Swisscom
Wer oder was inspiriert Sie persönlich in Ihrem Engagement für eine nachhaltige Zukunft?
Günther: «Ich lasse mich von Menschen und Unternehmen inspirieren, die sich aktiv für eine nachhaltige Zukunft einsetzen – deshalb habe ich auch sofort für die Rolle als Jury-Mitglied bei den Sustainable Shapers zugesagt. Oft wird Nachhaltigkeit auf Umweltthemen reduziert – für mich gehört auch die gesellschaftliche Dimension unbedingt dazu. Kinder etwa sind eine grosse Motivation, damit wir eine lebenswerte Zukunft gestalten.»
Welchen Nachhaltigkeitsmythos würden Sie gern ein für alle Mal aus der Welt schaffen?
Günther: «Dass Nachhaltigkeit nur den Umweltschutz betrifft – oder dass sie nur Geld kostet.»
Welcher einfache, aber wirksame Nachhaltigkeitstipp hat sich in Ihrem Führungsalltag bewährt?
Günther: «Drei Dinge haben sich bewährt: In Lösungen denken und Verantwortung übernehmen. Vorbild sein und Netzwerke aktiv nutzen – also ‹walk the talk›. Und ganz wichtig: nicht zu lange überlegen, einfach machen.»
Sustainable Shapers 2025
Sustainable Switzerland, die Nachhaltigkeitsplattform der NZZ, zeichnet erstmals die «Sustainable Shapers» der Schweiz aus: Herausragende Persönlichkeiten, welche die nachhaltige Entwicklung gestalten und vorantreiben. Ausgezeichnet werden Pioniere und Vordenker, die mit ihrem Engagement und innovativen Konzepten starke Zeichen für eine nachhaltige Zukunft setzen – ökologisch , unternehmerisch und sozial.
Eine unabhängige Jury kürt die «Sustainable Shapers» in den drei Kategorien «Leadership & Transformation», «Knowledge & Opinion» sowie «Vision & Innovation». Die Auszeichnung erfolgt am Sustainable Switzerland Forum am 2. September 2025 in Bern.
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Dieser Artikel behandelt folgende SDGs
Die Sustainable Development Goals (SDGs) sind 17 globale Ziele für nachhaltige Entwicklung, vereinbart von den UN-Mitgliedsstaaten in der Agenda 2030. Sie decken Themen wie Armutsbekämpfung, Ernährungssicherheit, Gesundheit, Bildung, Geschlechtergleichheit, sauberes Wasser, erneuerbare Energie, nachhaltiges Wirtschaftswachstum, Infrastruktur, Klimaschutz und den Schutz der Ozeane und der Biodiversität ab.