Viele Wärmepumpen sind nicht so klimafreundlich, wie es möglich wäre. Doch das ändert sich nun
Oft enthalten Wärmepumpen eine Chemikalie, die als extrem starkes Treibhausgas wirkt. Aber es drängt bereits eine Alternative auf den Markt: Propan.
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Sie entzieht der Umwelt Energie zum Heizen: Wärmepumpe in einer Wärmebildaufnahme. Getty
Oft enthalten Wärmepumpen eine Chemikalie, die als extrem starkes Treibhausgas wirkt. Aber es drängt bereits eine Alternative auf den Markt: Propan.
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5 Min. • • Ralph Diermann, «NZZ am Sonntag»
Difluormethan hat das Etikett Klimakiller wahrlich verdient: Die chemische Verbindung trägt 675 Mal stärker zum Treibhauseffekt bei als die gleiche Menge Kohlendioxid. Sie wird paradoxerweise vor allem in Anlagen verwendet, die eigentlich dem Klimaschutz dienen – in Wärmepumpen: In vielen Modellen nutzen die Hersteller die Chemikalie als Kältemittel.
Wärmepumpen waren lange Zeit nur eine Nischentechnologie. Doch sie werden jetzt mehr und mehr zum Standard in den Heizungskellern. In Deutschland verkauften die Unternehmen im ersten Halbjahr 2025 erstmals mehr Wärmepumpen als Gasheizungen. In der Schweiz wird bereits fast jedes dritte Einfamilienhaus mit einer Wärmepumpe beheizt.
Für den Klimaschutz ist das ein Erfolg. Denn Wärmepumpen sind klimafreundlicher als Öl- oder Gasheizungen. Das gilt selbst dann, wenn das Kältemittel Difluormethan verwendet wird. Bei der Fertigung und der Entsorgung von Wärmepumpen und oft auch im Betrieb entweicht das Treibhausgas zwar langsam in die Atmosphäre, und das mindert den Klimanutzen. Aber es handelt sich nur um kleine Mengen.
Weil die Klimaschädlichkeit der Substanz so gross ist, verbietet die EU allerdings von 2027 an den Einsatz des Kältemittels, das auch als R32 bezeichnet wird. Die Schweiz hat diese Regelung übernommen. «Bestehende Anlagen dürfen bis zum Ende ihrer Lebensdauer weiterbetrieben werden», sagt Henry Wöhrnschimmel, Sektionschef Industriechemikalien beim Schweizer Bundesamt für Umwelt (Bafu).
Dass R32 ein starkes Treibhausgas ist, weiss man seit vielen Jahren. Deshalb hat sich das Verbot schon länger abgezeichnet. Die Hersteller haben die Zeit genutzt: Sie haben Anlagen entwickelt, die mit einem weit weniger klimaschädlichen Kältemittel arbeiten. Wer eine Luft-Wasser-Wärmepumpe mit einer harmloseren Chemikalie als Kältemittel sucht, findet darum inzwischen viele Modelle auf dem Markt.
Das Kältemittel transportiert die Wärme ins Haus
Wieso benötigen Wärmepumpen zum Heizen überhaupt ein Kältemittel? Man könnte es auch Wärmemittel nennen. Denn diese Substanz nimmt die Wärme auf, die die Anlagen der Umwelt entziehen. Die Aussentemperatur reicht aus, um das flüssige Kältemittel zu verdampfen. Anschliessend setzt ein strombetriebener Kompressor das gasförmige Kältemittel unter Druck. Dabei wird es immer wärmer.
Ist die für das Heizen benötigte Temperatur erreicht, kondensiert das Kältemittel und gibt die enthaltene Wärme in den Heizkreislauf ab. Bei diesem Vorgang wird die Substanz wieder flüssig, so dass sie erneut Wärme aus der Aussenluft oder dem Erdboden aufnehmen kann – der Kreislauf beginnt von neuem.
Während der Lebensdauer der bis anhin installierten Wärmepumpen gelangt im Durchschnitt etwa ein Viertel des ursprünglich eingefüllten Kältemittels in die Umwelt, wie das deutsche Umweltbundesamt schreibt. Zwar sind die Anlagen dicht verschlossen. Im Laufe der Jahre entstehen aber oft winzige Leckagen, etwa weil Dichtungen und Ventile altern. Das betrifft vor allem die sogenannten Split-Wärmepumpen. Bei diesen Anlagen ist die Technik auf ein Innen- und ein Aussengerät aufgeteilt, verbunden über den Kältemittelkreislauf. Auch bei der Befüllung der Wärmepumpen entweicht oft etwas Kältemittel in die Umwelt, ebenso bei der Entsorgung ausgedienter Wärmepumpen.
Gaëtan Bally / Keystone
Ein Installateur verbindet die Rohre, die vom Keller kommen, mit der Wärmepumpe, die sich hinter dem Haus befindet (Mels, Sankt Gallen).
Die entweichende Menge ist klein, aber der Effekt ist gross
Wärmepumpen für Einfamilienhäuser enthalten in der Regel etwa ein bis zwei Kilogramm Kältemittel, wenn sie das Werk verlassen. Über die Jahre betrachtet entweichen daraus nur einige hundert Gramm in die Umwelt. Das ist nicht viel, wenn man eine einzelne Anlage betrachtet. Doch die Summe macht’s: Weil mittlerweile viele Geräte installiert werden, kommt eine durchaus relevante Menge zusammen – darum greift die Politik ein.
Die Hersteller setzen bei Wärmepumpen für Einfamilienhäuser als Ersatz für R32 auf eine Chemikalie, die viele als Brennstoff für Campingkocher kennen: Propan, das auch die Bezeichnung R290 trägt und zu den natürlichen Kältemitteln zählt. Die Kohlenwasserstoff-Verbindung ist gemäss dem Uno-Klimarat IPCC weniger klimaschädlich als Kohlendioxid – von Difluormethan ganz zu schweigen.
NZZ / svt.
Das Erwärmungspotenzial (global warming potential) wird immer in Relation zu Kohlendioxid bestimmt. Quelle: F-Gase-Verordnung der EU
«Alle grossen europäischen und asiatischen Hersteller bieten heute Luft-Wasser-Wärmepumpen mit Propan als Kältemittel an», sagt Maximilian Loth, der am Institut für Solarenergieforschung in Hameln, Niedersachsen, den Fachbereich Wärmepumpen leitet. Bei Sole-Wasser-Wärmepumpen, die das Erdreich oder das Grundwasser als Wärmequelle nutzen, ist das Angebot mit dem alternativen Kältemittel dagegen noch sehr klein.
Propan bietet neben der besseren Klimaverträglichkeit noch einen weiteren Vorteil: Mit diesem Kältemittel könnten Wärmepumpen höhere Vorlauftemperaturen erzeugen, sagt Loth. Sie schaffen es also, das Wasser, das die Heizkörper durchfliesst, heisser zu machen. «Damit eignen sie sich sehr gut für bestehende Gebäude, die mit kleinen Heizkörpern ausgestattet sind.» Dort muss die Vorlauftemperatur höher sein als in Neubauten, um die Räume warm zu bekommen. Bis anhin sorgen meist ineffiziente elektrische Heizstäbe dafür, dass die nötige Temperatur erreicht wird. Propan mache sie überflüssig, so Loth.
Propan eignet sich eher für Aussenanlagen
Allerdings ist das Kältemittel hochentzündlich. Deshalb kommt es heute vor allem in Anlagen zum Einsatz, bei denen die gesamte Technik ausserhalb des Gebäudes installiert wird – den sogenannten Monoblock-Wärmepumpen. Deren Kältemittelkreislauf ist weit weniger komplex als der von Split-Wärmepumpen. Darum ist die Gefahr, dass Propan beim Betrieb entweicht, viel geringer.
Wegen der Brennbarkeit müssen laut dem Bafu-Experten Wöhrnschimmel aber einige Voraussetzungen erfüllt werden, was den Aufstellort der Monoblock-Wärmepumpen betrifft. Die Anlagen dürfen etwa nicht so platziert werden, dass Propan bei einer Leckage durch Fenster oder Lichtschächte ins Gebäudeinnere gelangen kann.
Ein kleines Restrisiko bleibt: «Wird eine Wärmepumpe mit Propan nicht fachgerecht installiert, kann es bei einer Leckage im schlimmsten Fall zu einer Explosion kommen», sagt Loth. «Daher sollte sich der Kunde im Zweifel vom Handwerker einen entsprechenden Sachkundenachweis vorlegen lassen.» Das Risiko ist aber nicht höher als bei einer Gasheizung.
Der Umstieg auf ein klimaschonendes Kältemittel ist ein wichtiger Schritt, um die Treibhausgasemissionen der Anlagen zu reduzieren. Doch einen weitaus grösseren Nutzen für das Klima hat, wie der Strom für die Wärmepumpen erzeugt wird. Das zeigt eine Studie der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen.
Hier ist die Schweiz bis jetzt klar im Vorteil. Durch den sehr hohen Anteil an Strom aus Wasserkraft und Kernenergie liegen die CO2-Emissionen durch die Stromgewinnung wesentlich niedriger als in Deutschland mit seinen Kohle- und Gaskraftwerken. Der Umstieg auf das Kältemittel Propan nützt dem Klima aber in beiden Ländern.
Ralph Diermann, «NZZ am Sonntag» (19.11.2025)
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Dieser Artikel behandelt folgende SDGs
Die Sustainable Development Goals (SDGs) sind 17 globale Ziele für nachhaltige Entwicklung, vereinbart von den UN-Mitgliedsstaaten in der Agenda 2030. Sie decken Themen wie Armutsbekämpfung, Ernährungssicherheit, Gesundheit, Bildung, Geschlechtergleichheit, sauberes Wasser, erneuerbare Energie, nachhaltiges Wirtschaftswachstum, Infrastruktur, Klimaschutz und den Schutz der Ozeane und der Biodiversität ab.
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