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Klima & Energie Partner Inhalt: ETH

Erde und Universum in aller Schärfe

Ohne Beobachtung können wir die Welt weder verstehen noch schützen. Eine Expertenrunde stellte am Rande des Weltwirtschaftsforum in Davos unterschiedliche Schwerpunkte und Blickwinkel vor.

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Erde und Universum in aller Schärfe

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Von der Klimakrise bis zum Artensterben ist die Menschheit mit globalen Herausforderungen konfrontiert. Ob und wie wir damit umgehen können, hängt auch von Beobachtungen über mehrere Grössenordnungen ab. Auf Einladung der Initiative RETHINKING LIVING der ETH Zürich trafen sich vier Experten und Expertinnen am Rande des Weltwirtschaftsforums 2024 in Davos, genauer: im Physikalisch-Meteorologischen Observatorium/Weltstrahlungszentrum (PMOD/WRC). Unter dem Motto RETHINKING Observation diskutierten sie, wie wir unseren Planeten beobachten, ihn noch besser verstehen und schützen können. Und nahmen das Publikum mit auf eine Reise von den Bausteinen des Lebens über die «Lunge der Erde» bis weit über deren Umlaufbahn hinaus.

Moderator Chris Luebkeman, der im Stab des ETH-Präsidenten Joël Mesot das Strategic Foresight Hub leitet, betonte gleich zu Beginn: «Technologische Umwälzungen sind eine eindeutige und gegenwärtige Gefahr für die Gesellschaft, wie wir sie kennen und lieben. Für uns ist aber wichtiger, dass sie auch eine Gelegenheit bieten, über Lösungen für globale Herausforderungen nachzudenken.»

Hightech-Messungen für die ganze Welt und die Krisen unserer Zeit: So lässt sich die Arbeit am PMOD/WRC beschreiben. Ein wissenschaftlicher Schwerpunkt ist der Einfluss der Sonneneinstrahlung auf das Erdklima. Zudem entwickelt die Einrichtung in Davos aber auch Strahlungsmessinstrumente für den Einsatz am Boden und im Weltraum – und kalibriert solche Instrumente nach internationalem Standard für andere. «Die Welt kommt mit ihren Instrumenten zu uns», sagte Louise Harra, Professorin für Solare Astrophysik an der ETH und Leiterin des PMOD/WRC.

Adrian Glauser stellt seine Arbeit ebenfalls in den Dienst anderer und denkt dabei an nachfolgende Generationen. Der Astrophysiker am Institut für Partikel und Astrophysik der ETH forscht an sogenannten Exoplaneten, die andere Sterne als unsere Sonne umkreisen. Er arbeitet auch am Extremely Large Telescope, das zu Beginn des nächsten Jahrzehnts in Betrieb gehen soll und dann mit seinem Hauptspiegel von fast 40 Metern Durchmesser das grösste Auge der Welt in Richtung Himmel sein wird. Das Teleskopdesign ist revolutionär und basiert auf einem neuen Schema aus fünf Spiegeln, woraus eine aussergewöhnliche Bildqualität resultiert. «Es wird so sein, als ob man unscharf sieht und das korrigiert», so Glauser. «Und dann sehen wir das Universum das erste Mal in aller Schärfe.»

Kristy Deiner wiederum möchte die Welt um uns herum in ihrer Gesamtheit erfassen. Sie ist Professorin für Umwelt-DNA an der ETH Zürich und untersucht genetische Spuren – die sogenannte eDNA – in der Luft, im Boden oder im Wasser. «Wenn wir Proben nehmen, können wir die genetischen Sequenzen aller Lebensformen nachweisen, die sie in der Umwelt hinterlassen haben», sagte sie. «Ich frage mich jetzt, ob wir durch Proben aus aller Welt eine bessere und präzisere Vorstellung davon bekämen, mit wie vielen Lebensformen wir den Planeten teilen?»

Die Beobachtung in allen Massstäben ist entscheidend für unsere Fähigkeit, globale Umweltveränderungen anzugehen. Dies ist ein sich rasch entwickelnder Bereich mit Innovationen, die von weltraumgestützten Beobachtungsplattformen für die Erde und erdähnliche Exoplaneten bis zu eDNA reichen. Wir sind jetzt in der Lage, beispiellose Einblicke in Klimamuster, Entwaldung, Verlust der biologischen Vielfalt, Verstädterung und Naturkatastrophen zu gewinnen, und zwar von weit über unserem Planeten bis hin zu den entlegensten Lebensräumen der Erde. Sie bieten laut ETH Zürich einzigartige Möglichkeiten zur Förderung nachhaltiger und regenerativer Praktiken in verschiedenen Bereichen –von der Landwirtschaft und Fischerei bis zur Stadtplanung und Fertigung.

Ein guter Startpunkt für eine solche grossflächige Erfassung wäre der extrem artenreiche Amazonas-Regenwald, der nun aber bedroht ist. Carlos Nobre von der Universität von São Paulo forscht hier seit vier Jahrzehnten. Dabei setzt er unter anderem auf Fernerkundung (Remote Sensing), um die Abholzung und die Zerstörung der «Lunge des Planeten» zu überwachen. Die dabei gewonnen Daten sind in seine Modelle eingeflossen. «Vor ein paar Jahren haben sie gezeigt, dass der Amazonas am Kipppunkt steht», berichtete Nobre. Damit ist eine unumkehrbare Veränderung im Klimasystem der Erde gemeint. «Es war nicht mehr länger eine Vorhersage für die Zukunft», so Nobre.

Die Zeit und verschiedene Grössenordnungen seien aber nur zwei Aspekte beim Thema Observation, betonte schließlich Magdalena Skipper, die Chefredakteurin des Fachmagazins Nature. «Der Beobachter selbst ist auch wichtig, weil jeder einen eigenen Hintergrund hat, unterschiedliche Fragen stellt und sie auf jeweils andere Art adressiert», sagte sie. «Es geht um die Diversität der Blickwinkel und Perspektiven. Ausserdem hat wenig in der Wissenschaft einen Wert, wenn es nicht geteilt und kommuniziert wird – so wie wir es gerade machen.»

Deklaration: Dieser Inhalt wurde vom Sustainable Switzerland Editorial Team im Auftrag der ETH Zürich erstellt.

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